Schlagwort: Equipment

Tag 315/253 – Fachkonferenz

In Hamburg findet jedes Jahr die ‚Product Working‚ Konferenz statt – ein zweitägiges Event für Produktmanagement, die von eparo organisiert wird – der Firma eines Kollegen und Freundes, die auf die Gestaltung von digitalen Produkten spezialisiert ist. Ich habe Fachkonferenzen bislang weitgehend gemieden, weil die Kommunikation bei Vorträgen, Workshops und dem geselligen Beisammensein für mich einfach zu anstrengend war. Spätestens nach zwei bis drei Stunden war ich ausgepowert und nicht mehr aufnahmefähig. Aber mit meinen Hörimplantaten wage ich heute den Versuch, mich zwei Tage lang mit anderen Designern und Produktmanagern auszutauschen und ich freue mich sehr darauf.

Um möglichst viel mitzubekommen, nehme ich mein gesamtes Hörequipment mit: Meinen Roger Select – das Mikrofon, das ich für Vorträge nutze und das die Stimme des Sprechers direkt in meine Soundprozessoren überträgt. Und 5 Tischmikrofone, die Table Mics. Alle diese Mikrofone sind miteinander verbunden und übertragen das Gesprochene direkt in meine Soundprozessoren.

Der erste Tag beginnt mit einem Kaffeetrinken auf dem Hof des Veranstaltungsgeländes. Ich treffe einige bekannte Gesichter aus meiner Freelancer-Zeit wieder und spreche mich kurz mit den Tontechnikern in den Vortragsräumen ab, damit sie Bescheid wissen. Dann gibt es eine Begrüßungsrede von Rolf, dem Gründer und Leiter von eparo, und seiner Partnerin Beate, die mit Rolf zusammenarbeitet und ebenfalls als Moderatorin aktiv ist. Rolf bekommt mein Mikrofon umgehängt und ich verstehe jedes Wort; das ist ein super Start.

Anschließend gehen die Vorträge los – parallel in zwei Hallen. Teilweise wird in englischer Sprache vorgetragen. Ich verwende hier entweder den Roger Select oder ein Table Mic, das ich auf dem Vortragstisch platziere. Und verstehe selbst in der zweiten oder dritten Reihe nahezu jeden Vortrag. Selbst während der Diskussionen nach den Vorträgen, für die sogenannte ‚Speaker Corners‘ eingerichtet sind, in denen man die Referenten nach dem Vortrag ansprechen kann, verstehe ich super, nachdem ich mein Table Mic auf dem Stehtisch platziere, um den herum die Teilnehmer stehen und mit dem Sprecher oder der Sprecherin diskutieren.

Auch in den Pause habe ich viel Spaß – Small Talk kann wundervoll sein, wenn man hören kann. Ich treffe viele interessante Leute, führe Fach- und persönliche Gespräche und kommuniziere eigentlich durchgehend. Zwischendurch genehmige ich mir auch einmal eine Hörpause, aber insgesamt ist alles so aufregend und ergiebig, dass ich dazu kaum komme.

Am Nachmittag steht Gruppenarbeit auf dem Programm – bislang für mich eine reine Hörhölle. Erst werden Themen gesammelt und geclustert – etwa 50 Personen sitzen dabei in einem großen Halbkreis um ein Board, auf dem Themenvorschläge der Teilnehmer, die man mit Edding auf Haftzettel geschrieben hat, gesammelt werden. Jeder Vorschlag wird am Board vorgestellt und nachdem alle Vorschläge eingegangen sind, versuchen wir gemeinsam, daraus sinnvolle Themenblöcke zu erstellen. Um hier aktiv mitdiskutieren zu können, platziere ich 4 Phonak Table Mics vor den Stühlen im Halbkreis und markiere sie mit bunten Haftzetteln, damit niemand aus Versehen drauf tritt. Ein weiteres Mikrofon wird direkt unter dem Board platziert.

Das Resultat ist erstaunlich – ich kann dieser Diskussion tatsächlich ziemlich gut folgen. Sowohl die Diskussionsbeiträge aus der Runde als auch die Vorstellungen am Board kommen klar und deutlich bei mir an.

Anschließend werden Gruppen gebildet, die sich mit den ausgewählten Themen beschäftigen. Auch hier verwende ich zwei Mikrofone, die ich auf den Tisch platziere, um den die etwa 12 Teilnehmer meiner Gruppe sitzen und stehen. Und auch hier kann ich gut mithalten, werde aber am Ende doch etwas müde und schalte mich ein paarmal für wenige Minuten aus, um Hörkraft zu schöpfen.

Bei der Präsentation der Ergebnisse in der großen Runde bin ich dann k.o. Die Akkus meiner Mikrofone sind teilweise leer und ich verfolge das Geschehen eher am Rande. Dafür habe ich später beim gemeinsamen Grillen wieder viel Spaß an interessanten Fachgesprächen am Esstisch. Und dann geht es müde aber glücklich nach Hause.

Der zweite Tag startet wie der erste mit spannenden Vorträgen, bei denen ich alles gut verstehe. Am Nachmittag habe ich mich für einen Achtsamkeitsworkshop angemeldet, bei dem wir untere anderem einen sogenannten Bodyscan machen: Man liegt auf einer Yogamatte, hört die Anweisungen der Workshopleiterin und entspannt Körperteil für Körperteil. Auch das ist wieder eine tolle Erfahrung: Ich kann mich entspannen und dabei hören. Das wäre früher unmöglich gewesen, weil ich mich voll auf den Sprecher oder die Sprecherin hätte konzentrieren müssen und ohne unterstützendes Lippen-Ablesen kein Wort verstanden hätte. Auch hier setze ich in der Gruppendiskussion meine Table-Mics ein; die Workshopleiterin bekommt außerdem den Roger Select umgehängt. Die Table Mics und der Select arbeiten synchronisiert: Die Table Mic Mikrofone sind immer dann aktiv, wenn kein Input aus dem Roger Select kommt und andersherum stellt funkt der Roger Select ohne die Umgebungsmikrofone, wenn in ihn herein gesprochen wird.

Und anschließend geht es nach Hause. Zwei tolle Tage mit einer Hörerfahrung, die vor einem Jahr undenkbar gewesen wäre. Und ich freue mich auf die nächste Fachkonferenz im September!

Tag 247/185 – Kopfhörer

Dieses Wochenende verbringe ich bei einem sehr guten Freund in Zürich. Da ich in der Woche davor und auch danach aus beruflichen Gründen in Walldorf sein muss, die Strecke von Walldorf nach Zürich deutlich kürzer ist als nach Hause und Gregor und ich uns wegen der großen Entfernung sowieso zu selten sehen, nutze ich die Gelegenheit und fahre gen Süden statt Norden.

Die Wiedersehensfreude ist groß und wir haben uns wie immer viel zu erzählen. Und es ist alles so viel einfacher als früher – ich verstehe auch den Schweizer Dialekt mittlerweile wirklich gut, kann mich flüssig mit Gregors bezaubernden Töchtern unterhalten und auch als am Freitag Abend ein weiterer gemeinsamer Freund dazu stößt, der ebenfalls in Zürich wohnt, kann ich an der gemeinsamen Unterhaltung nahezu ohne Einschränkung teilnehmen. Früher war das schwieriger – ich brauchte hier häufig Wiederholungen, musste den Diskussionsfluss anhalten und es war alles sehr anstrengend. Wir quatschen bis spät in die Nacht, trinken guten Wein und genießen unser Wiedersehen.

Am Samstag vormittag fahren zusammen wir in die Zürcher Innenstadt – meine schweizerischen Freunde müssen einige Dinge erledigen und ich bummele in dieser Zeit mit den Kindern durch die Einkaufsstadt. Wir landen in einem sehr schönen Kaufhaus, in dem es viele interessante Dinge zu bestaunen gibt. Natürlich zieht es uns auch in die Elektronikabteilung, wo Spielkonsolen, Fernseher, die neuesten Smartphones und viele andere Dinge angeschaut werden.

Die Kinder haben vor allem viel Spaß an einem Stand mit Kopfhörern und hören sich dort die aktuellen Charts an. Quasi zum Spaß stülpe auch ich mir einen sehr hochwertigen On-ear-Kopfhörer von Bose über die Prozessoren, der ausreichend große Hörmuscheln hat – und bin total überrascht und beeindruckt, wie gut die Musik damit klingt. Ich bin vorher nicht einmal ansatzweise auf die Idee gekommen, einen Kopfhörer auf meine Soundprozessoren zu setzen. Zum Musikhören nutzte ich bisher die Batteriehülsen mit den eingebauten Audiokabeln, die ich direkt mit dem Smartphone verbinde – die Musik geht dann direkt in die Soundprozessoren. Das hört sich super an, allerdings stören die Kabel hinter den Ohren doch etwas. Die Hörqualität mit diesen hochwertigen Kopfhörern ist allerdings fast noch besser; die Bässe klingen fetter und auch das Tragegefühl ist trotz der Soundprozessoren, die etwas zwischen Ohrmuschel und Kopfhörermuschel eingeklemmt sind, wirklich gut.

Ich werde mir jetzt unbedingt einen guten Kopfhörer bestellen. Die Handhabung ist deutlich einfacher als das Wechseln der Batteriehülsen und das Anbringen der Kabel, der Sound ist besser und einen Bluetooth-fähigen Kopfhörer kann ich auch mit meinem beruflich genutzten iPhone verwenden, das leider keinen Kopfhörereingang mehr hat.

Am Abend geht es nach Luzern, wo ich einen weiteren Freund besuche, den ich sehr lange nicht mehr gesehen habe. Wir verleben einen sehr schönen Abend mit einem tollen Essen, haben uns sehr viel zu erzählen und auch hier ist es erstaunlich, wie einfach die Kommunikation geworden ist.

Dies fällt mir auch am Sonntag aus, als ich – zurück bei meinen Freunden in Zürich – draußen mit den Kindern Fußball spiele. Andere Kinder aus der Nachbarschaft gesellen sich schnell dazu, natürlich werde ich sofort gefragt, was ich denn hinter dem Ohr bzw. am Kopf habe und ich verstehe auch in dieser Situation hervorragend und kann flüssig mit den Kindern kommunizieren. Das ging früher gar nicht, denn Kinder sprechen in der Regel nicht sehr deutlich und sind mit schwierigen Kommunikationssituationen, in denen ein Erwachsener gar nichts versteht, schnell überfordert.

Auch am Sonntagabend gibt es noch viel zu erzählen und zu besprechen und am Montag fahre ich dann glücklich, gut erholt und kein bißchen erschöpft vom ganzen Zuhören zurück nach Walldorf.

Tag 182/120 – Training

Ich habe hier schon einmal beschrieben, welches Equipment ich benutze, um zu telefonieren, TV zu schauen und Gesprächen und Vorträgen in größerer Runde zuhören zu können. Heute steht ein englischsprachiges Design-Training meines Arbeitgebers an und ich bin sehr gespannt, wie gut sich die Tischmikrofon-Anlage im harten Arbeitsalltag schlägt.

An diesem Training, das an zwei aufeinander folgenden Tagen stattfindet, nehmen etwa 12 Kollegen teil. Es wird teils präsentiert, teils in der Runde diskutiert und teils werden Arbeitsgruppen mit 2-4 Personen gebildet, die an bestimmten Themen arbeiten sollen. Insgesamt also ein totaler Worst-Case für eine hörgeschädigte Person: Englisch, mehr als 5 Personen, Diskussionen Quer-Beet und Gruppenarbeit in einem Raum. Mit Hörgeräten hätte ich hier kaum etwas mitbekommen und wäre nach zwei Stunden restlos k.o. gewesen.

Weil der Raum recht groß ist und die Teilnehmer an einem U-förmigen Tisch sitzen, platziere ich drei meiner Table-Mics strategisch am Konferenztisch: Vor den Sprechern, in der Mitte und am Ende des Tisches. Die Mikrofone sind miteinander Ich selbst sitze – wie immer – vorne, damit ich ein wenig von den Lippen ablesen kann.

Und das funktioniert wirklich hervorragend. Bei der einleitenden Präsentation verstehe ich fast jedes Wort – und das auf Englisch. Hilfreich ist, dass beide Trainer muttersprachliche Deutsch sind. „Deutsches Englisch“ verstehe ich immer noch deutlich besser als native Speakers – also muttersprachliche Engländer oder US-Amerikaner. Auch „indisches Englisch“ verstehe ich übrigens sehr gut; spanisches und chinesisches Englisch ist für mich hingegen schwieriger zu verstehen.

Auch bei der Vorstellungsrunde der Teilnehmer verstehe ich ausgezeichnet. Das war bisher immer der pure Horror: Nicht nur, weil ich die weiter entfernt sitzenden Teilnehmer nicht verstehe, sondern weil ich in solchen Situationen, in denen die Teilnehmer einer Runde nacheinander etwas sagen, auch meistens nicht verstanden habe, was gesagt werden soll. Ich habe meist die Anweisungen zu einer solchen Runde nicht verstanden und weiß nie, was die Runde von mir erwartet: Stellen wir uns vor? Lang? Kurz? Sollen bestimmte Fragen beantwortet werden? Der Worst-Case ist immer, wenn ich als erste Person etwas sagen soll – was häufig vorkommt, weil ich ja fast immer ganz vorne sitze. Und meine Erleichterung ist riesig, wenn am anderen Ende begonnen wird. Dann habe ich zumindest die Chance, aus den Redebeiträgen der anderen Teilnehmer zu erkennen, was erwartet wird. Oftmals habe ich aber auch die Beiträge der Teilnehmer nicht verstanden und während der Vorstellungsrunde gehofft, dass zumindest die Person neben mir so deutlich spricht, dass ich weiß, was ich sagen soll.

Auch heute bin ich als erster dran, aber: Ich verstehe, was von mir erwartet wird. Das ist eine riesige Erleichterung. Natürlich erzähle ich bei meiner Vorstellung auch heute kurz etwas über meine Ohren. Denn zum einen ist jede Kommunikationssituation für mich einfacher, wenn meine Gegenüber wissen, inwieweit ich eingeschränkt bin und worauf sie beim Sprechen achten müsse: langsam und deutlich sprechen, nicht brüllen. Eine gut verständliche Lautstärke ist natürlich hilfreich, aber generell nützt es mir nicht viel, wenn Menschen deutlich lauter sprechen als normal. Das verändert das normale Sprechtimbre und meistens wird es für mich dann eher schwieriger als einfacher, gut zu verstehen. Zum anderen muss ich natürlich auch kurz erklären, warum ich Tischmikrofone im Raum verteile und wie das Ganze funktioniert.

Die anschließende Vorstellungsrunde verstehe ich ebenfalls sehr gut und auch in den darauffolgenden Stunde kann ich dem gesamten Training prima folgen. Selbst die Gruppenarbeit klappt super – ich kann die Tischmikrofone dafür stumm schalten und verstehe trotz der Umgebungsgeräusche gut, was meine Arbeitsgruppenteilnehmer sagen.

Vor allem: Ich kann der Veranstaltung über den gesamten Tag hinweg gut folgen. Bei der abschließenden Präsentation der Gruppenarbeitsergebnisse wird es etwas schwieriger, weil sehr viel diskutiert wird; hier schalte ich ein paar mal gedanklich ab, weil ich Hörpausen brauche. Insgesamt habe ich aber wirklich fast alles verstanden – und das in einer Fremdsprache. Das war vor einem halben Jahr, mit Hörgeräten, noch vollkommen undenkbar. Und ich bin am Abend zwar etwas geschafft, aber glücklich und keinesfalls so ausgelaugt, wie ich es mit Hörgeräten schon nach zwei oder drei Stunden gewesen wäre.

Auch der nächste Tag, an dem ich leider nur bis zum Mittag teilnehmen kann, ist ein voller Hörerfolg. Ich habe in diesen zwei Tagen viel gelernt, nette Menschen kennen gelernt und die wundervolle Erfahrung gemacht, dass ich vor Trainingssituationen keine Angst mehr haben muss. Und das ist das schönste Learning überhaupt.

Tag 165/103 – Equipment

Anfang Dezember habe ich von meinem Hörgeräteakustiker eine Mikrofonanlage bekommen. Diese FM-Anlage besteht aus mehreren Tischmikrofonen, die das Gehörte per Funk direkt in meine Soundprozessoren übertragen. Ich benötige diese Ausstattung bei Meetings mit vielen Teilnehmern, die oftmals in großen Räumen stattfinden.

Auch wenn ich mit meinen Cochlea-Implantaten sehr gut verstehen kann stoße ich doch an meine Grenzen, wenn der Sprecher oder die Sprecherin weit entfernt sitzt. Denn selbst mit der besten Technik werde ich immer schwerhörig bleiben und in bestimmten Situationen eingeschränkt sein. Letztendlich kann kein Equipment, kein Implantat und kein Hörgerät so gut funktionieren wie ein gesundes menschliches Ohr. Ich nehme hier immer gern den Vergleich zum menschlichen Auge versus Kamera als Vergleich zur Hilfe: Nicht einmal die teuerste Kamera kann sich so schnell und gut auf unterschiedliche Lichtverhältnisse, Kontraste oder Entfernungen einstellen wie das menschliche Auge. Wer schon einmal versucht hat, bei schlechten Lichtverhältnissen mit hohem Kontrast Fotos zu machen versteht, was ich meine.

Die betreffende Anlage ist von Phonak – einem der bekanntesten Hersteller für Hörgeräte und Hörgerät-Equipment. Von Med-El, der Firma, die meine Hörimplantate herstellt, gibt es einen Funk-Adapter, der mit dieser Anlage kompatibel ist. Man steckt diesen Adapter einfach anstelle der Batteriehülse auf den Med-El Soundprozessor und hat dann automatisch eine direkte und abhörsichere Funkverbindung zu den Mikrofonen.

Med-El Soundprozessor mit Standard-Batteriehülse (aufgesteckt) und Batteriehülse mit Phonak Funkempfänger (daneben). Beide Hülsen sind gleich breit und dick; die Phonak-Hülse ist allerdings deutlich länger.

Ich habe insgesamt 5 der sogenannten Phonak Table Mic II Tischmikrofone bestellt, da ich häufig Meetings und Konferenzen mit vielen Teilnehmern in großen Räumen habe. In diesen Räumen verteile ich die Tischmikrofone dann so, dass ich jede sprechende Person gut verstehen kann. Die Mikrofone sind gekoppelt: Sie arbeiten also zusammen und übertragen das Gesprochene gemeinsam in meinen Soundprozessor. Das funktioniert ausgezeichnet, wenn man einmal verstanden hat, wie die Kopplung funktioniert.

Die Tonqualität ist hervorragend und die Reichweite enorm. Die Mikrofone haben einen eingebauten Akku, der ausreichend Reserven beinhaltet und werden per Micro-USB-Kabel aufgeladen. Die Lautstärke kann mit einer Fernbedienung reguliert werden; auch ein stummschalten ist möglich. Das ist praktisch, weil ich meine Sitznachbarn am Tisch nicht mehr gut höre, wenn sie mich direkt und am Mikrofon vorbei ansprechen. Das ist ein Problem, weil mein Soundprozessor Umgebungsgeräusche, die nicht in der Nähe des Mikrofons erzeugt werden, herunterfährt. Insgesamt ist die Reichweite der Mikrofone allerdings hervorragend und ich verstehe auch Sprecher, die nicht direkt vor dem Mikrofon sitzen, sehr gut.

Cool an den Roger Table Mics ist, dass sie über einen ganz normalen 3,5mm Klinken-Audioeingang verfügen, mit dem man zum Beispiel ein Smartphone, ein Laptop oder auch den Audioausgang des Fernsehgerätes verbinden kann. Das bedeutet, dass ich die Table Mics auch als Kopfhörer nutzen kann, wenn ich Videos, Musik oder Podcasts am Rechner anhöre. Für Telefonkonferenzen sind diese Tischmikrofone weniger geeignet, weil sie bei einem Connect via Audiokabel keinen Input an das Gerät weitergeben können – mein Gesprochenes wird also nur über das Mikrofon des Laptops oder Smartphones an die übrigen Gesprächsteilnehmer gesendet.

Phonak Roger Table Mic II mit Fernbedienung

Neben diesen 5 Tischmikrofonen habe ich auch noch ein spezielles und besonders leistungsfähiges Mikrofon bekommen, den Roger Select. Dieses Gerät hat mehrere integrierte Mikrofone, die in alle Himmelsrichtungen arbeiten. Das Besondere daran ist, dass der Roger Select eigentlich ein vollautomatisiertes Richtmikrofon ist: Er erkennt automatisch, aus welcher Richtung gesprochen wird und richtet das Mikrofon zur passenden Himmelsrichtung aus. Umgebungsgeräusche aus anderen Richtungen werden dabei wirkungsvoll unterdrückt. Das Hören damit funktioniert noch etwas besser als bei den Phonak Table Mics, die zwar auch 360° hören, aber keine eingebaute Richtmikrofon-Funktion haben.

Ein weiterer Vorteil des Roger Selects ist, dass dieses Mikrofon sehr kompakt und deutlich kleiner als die Table Mics ist. Es kann per Clip oder Halsschlaufe auch von einer vortragenden Person getragen werden. Der Clou dabei: Sobald das Gerät nicht waagerecht sondern senkrecht verwendet wird, richtet sich das Mikrofon automatisch nach oben aus. Ich nutze den Roger Select also nicht nur als Tischmikrofon bei kleineren Zusammenkünften mit maximal 7 Teilnehmern, sondern auch als Mikrofon für den Sprecher, wenn ich Vorträge anhöre.

Wichtig ist, dass man dem Sprecher nach dem Ende des Vortrages das Gerät wieder abnimmt. Ansonsten hat man nicht nur ein teures Problem, sondern auch ein unangenehmes, wenn der Referent zum Beispiel direkt nach der Veranstaltung auf die Toilette geht.

Links: Roger Select; mit Halteclip und Halteschlaufe. Rechts oben Dockingstation für den Roger Select. Das Table Mic zum Größenvergleich rechts.

Der Roger Select ist Bluetooth-fähig – ich kann ihn also auch direkt mit meinem Smartphone per Bluetooth verbinden und quasi als Kopfhörer zum Telefonieren verwenden. Die Tonqualität ist dabei sehr gut; allerdings finde ich dieses Setup zu leise zum Telefonieren und auch meine Gesprächspartner sind von der Tonqualität meiner Sprache nicht besonders beeindruckt. Ich werde beim nächsten Nachsorgetermin im Deutschen Hörzentrum in Hannover mit meinem Audiologen sprechen, ob man die Lautstärke erhöhen kann. Leider hat der Roger Select keinen eigenen Lautstärkeregler; ich kann die Lautstärke also nur über die Soundprozessoren direkt verändern.

Schade ist, dass der Roger Select zwar Telefonanrufe meines Smartphones übertragen kann, aber keine Musik. Dafür muss ich eine Dockingstation verwenden, die per Audiokabel mit der Musikquelle, also dem Smartphone oder Laptopt, verbunden wird. Das liegt nach Aussage von Phonak daran, dass FM-Anlagen kein A2DP-Protokoll verarbeiten können. Toningenieure können mit dieser Information sicher etwas anfangen; ich als technischer Laie verstehe nicht wirklich, warum der Ton eines Telefonates übertragen wird aber nicht der Ton meiner Spotify-App. Kabelloses Musikhören in Funk-Qualität wäre wirklich ein Traum. Ich hoffe sehr, dass irgendwann integrierte Bluetooth-Sender von Med-El auf den Markt kommen, mit denen ich Musik ohne Kabel direkt in die Soundprozessoren senden kann.

Weil das Telefonieren mit dem Roger Select wegen der zu leisen Lautstärke nicht wirklich gut funktioniert, verwende ich dafür lieber die Artone 3 MAX Bluetooth Teleschlinge. Diese verbindet sich per Bluetooth mit dem Smartphone und sendet via Induktionsschleife direkt in die Soundprozessoren. Die Soundqualität ist bei einer induktiven Übertragung deutlich schlechter als bei Funk, weil weniger Signale übertragen werden können. Für das Telefonieren reicht es bei mir allerdings. Außerdem ist die Teleschlinge deutlich lauter und auch mein Gesprochenes kommt beim Gesprächspartner deutlicher an.

Bluetooth-Teleschlinge von Med-El

Zusätzlich zu dieser Bluetooth-Teleschlinge habe ich noch eine weitere, kabelgebundene Induktionsschlinge, die nicht per Bluetooth, sondern per Audiokabel mit der Soundquelle verbunden wird. Diese ist allerdings recht groß und ich benutze sie äußerst selten. Wenn die Soundquelle kein Bluetooth hat, ist dieses Gerät allerdings sehr hilfreich.

Zum Musikhören verwende ich am liebsten die Audiokabel, die ich mit einer entsprechenden Batteriehülse direkt mit der Soundquelle verbinden kann. Das ist wie ein Kopfhörer: Die Übertragungsqualität ist hervorragend, ich brauche keinen Strom und keinen Akku und der Tragekomfort ist super.

Audiokabel mit Batteriehülse für den Soundprozessor. Die Silikonhaken an den Hülsen dienen dem besseren Halt hinter dem Ohr.

Eine wichtige Frage ist noch unbeantwortet: Was kostet das alles?

  • Audiokabel bezahlt in meinem Fall die Krankenkasse; ein Kabel kostet etwa 60 Euro.
  • Die Bluetooth-Teleschlinge habe ich mit dem ersten CI von Med-El geschenkt bekommen. Sie kostet etwa 140 Euro.
  • Die Teleschlinge mit Kabel habe ich mit dem zweiten CI von Med-El geschenkt bekommen. Der Preis für dieses Zubehör liegt bei etwa 45 Euro.

Die FM-Anlage mit Roger Select und den Table Mics ist enorm teuer – insgesamt sind bei mir Kosten in Höhe von über 15.000 Euro entstanden. Alleine die FM-Aufsätze für die Soundprozessoren kosten über 1.200 Euro pro Stück. Dazu sind in diesem Betrag 5 Tischmikrofone enthalten, die ich aus beruflichen Gründen benötige.

Die Kostenübernahme für die FM-Anlage habe ich beim Integrationsamt eingereicht. Diese Behörde übernimmt in der Regel die Kosten für die behindertengerechte Ausstattung von Arbeitsplätze mit dem Ziel, behinderten Arbeitnehmer Chancengleichheit im Beruf zu ermöglichen. Neben dem Integrationsamt kann auch die Rentenversicherung als Kostenträger zur Verantwortung gezogen werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Deutschland ist ein Bürokratieland. Es ist deshalb sehr schwer, pauschal zu sagen, wer welche Kosten von welcher Behörde erstattet bekommt. Jeder Antrag muss plausibel und gut begründet sein. Ein guter Hörgeräteakustiker hilft bei der Beantragung von technischen Hörhilfen – und verkauft natürlich auch das entsprechende Equipment.

Mir hilft dieses Equipment ungemein dabei, auch in schwierigen Hörsituationen hervorragende Hörerfolge zu feiern. Ich verstehe bei Meetings oder Vorträgen nahezu jedes Wort, kann prima telefonieren und höre viel Musik über mein Smartphone. Mit Hörgeräten war dies alles nicht möglich – zwar gibt es auch hierfür dieselben technischen Hörhilfen, aber diese nützen nichts, wenn die Hörgeräte kein ausreichendes Sprachverständnis mehr erzeugen können. Es ist natürlich etwas lästig, dass ich im Beruf jetzt relativ viel Equipment mit mir herumschleppen und Bluetooth-Geräte koppeln muss. Aber das ist ein sehr kleiner Preis für ein sehr gutes Hörerlebnis. Und: Die Zubehörtechnik entwickelt sich ständig weiter. Hier wird in den nächsten Jahren noch sehr viel passieren und ich bin sicher, dass der Kabel- und Kopplungssalat in Zukunft noch einfacher zu handhaben sein wird.

Tag 161/99 – Konferenz

Heute fand die alljährliche SAP d-KOM in Karlsruhe statt. d-KOM steht für ‚Developer Kick Off Meeting‘ . Dort können alle Mitarbeiter von SAP, die in der Softwareproduktion tätig sind – zum Beispiel Programmierer, Designer, Projektmanager – teilnehmen, um Vorträge anzuhören, Produktneuigkeiten zu erfahren oder sich einfach auszutauschen. Insgesamt nehmen in Deutschland über 6.000 Personen teil; dazu kommen über 3.000 Mitarbeiter, die sich das Ganze online anschauen. Die Veranstaltung findet zudem an weiteren Standorten auf anderen Kontinenten statt.

Fachkonferenzen und Messen habe ich bislang gemieden, weil ich dort zu wenig verstanden habe. Vorträgen konnte ich nur folgen, wenn ich das Mundbild des Vortragenden gut sehen konnte und die gezeigte Präsentation selbsterklärend war. Gespräche mit Kollegen waren schwierig, weil die Geräuschkulisse auf so einer Veranstaltung natürlich enorm laut ist. Networking war für mich auf solchen Veranstaltungen bislang nicht möglich und ich war wegen der enormen Anstrengung, die ich aufwenden musste, um überhaupt halbwegs etwas mitzubekommen, sehr schnell müde.

Da die gesamte Konferenz heute in englischer Sprache stattfand, habe ich nicht erwartet, allzu viel mitzubekommen. Aber wie so oft in den letzten Monaten kam wieder alles ganz anders: Ich habe fast jedes Wort verstanden und war von 9:30 bis ca. 16:30 mit einer kleinen Mittagspause nonstop bei Vorträgen zu Gast. Die erste Konferenz meines Lebens, bei der ich allen Beiträgen gut folgen konnte! Was für ein Erfolg! Der Ton wurde in der Halle per Induktionsschleife übertragen, so dass ich den Input der Vortragenden direkt in meine Soundprozessoren bekam. Schöner Nebeneffekt dabei war, dass ich die Umgebungsgeräusche komplett ausstellen konnte. Meine Kollegen beneiden mich mittlerweile um diese Fähigkeit.

Am Nachmittag war ich dann doch müde – natürlich muss ich mich nach wie vor konzentrieren, wenn ich zuhöre und knapp 5 Stunden lang englischen Vorträgen zuzuhören ermüdet auch normalhörende Menschen. Also ging es für eine Stunde in die Ruheecke – danach war ich fit für die Aftershow-Party, bei der Bülent Ceylan auftrat. Auch hier wurde per Induktionsschleife übertragen. Wie immer bei SAP waren in der ersten Reihe Sitzplätze für hörgeschädigte Mitarbeiter reserviert, so dass meine hörgeschädigten Freunde und ich hervorragenden Blick auf die Bühne hatten und gut vom Mund ablesen konnten.

Der Auftritt von Bülent Ceylan war insgesamt okay. Ich habe einen recht anspruchsvollen Humor, wenn ich Performances auf der Bühne sehe und kann den meisten derzeit aktiven „Comedians“, die man oft im Fernsehen sieht, nicht viel abgewinnen. Das Gefühl, wenn man auf einmal fast alles akustisch versteht und richtig mitlachen kann, ist allerdings unbeschreiblich. Ich habe diese Show unendlich genossen und freue mich jetzt schon riesig darauf, in der kommenden Zeit mehr Live-Performances anzuschauen oder auch einmal den Schritt ins Theater zu wagen.

Spät am Abend stieg dann die Aftershow-Party, auf der ich zusammen mit einigen Kollegen viel Spaß auf der Tanzfläche hatte. Ich genieße das Tanzen nach wie vor unendlich, weil ich mich nicht mehr darauf konzentrieren muss, die Musik und den Takt zu hören und die Musik zu erkennen, sondern einfach alles HÖRE. Es gibt in diesen Momenten nur mich und die Musik und sonst gar nichts. Dieses Gefühl ist ein unbeschreibliches Geschenk, das mir das Cochlea Implantat wiedergegeben hat und schon allein dafür hätten sich die beiden Operationen gelohnt.