Tag 8 – Drums & Honors

Heute habe ich mich bei Prof. Dr. Lenarz, dem Leiter der HNO-Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover, für die hervorragende Betreuung und Durchführung der Operation bedankt. Ich war anfangs skeptisch bei der Auswahl der Klink, weil ich vereinzelt negative Kritik über die Beratung dort gelesen habe – die MHH ist sehr groß und führt sehr viele Cochlea-Implantationen durch, was eine straffe Organisation erfordert. Der Ablauf dort ist perfekt durchorganisiert und man durchläuft in den zwei Tagen vor der OP jede Menge Voruntersuchungen, was natürlich anstrengend ist. Ich habe mich allerdings nie gehetzt gefühlt und an jeder Station waren die behandelnden Ärzte und PflegerInnen durchweg freundlich und haben mir alle Fragen ausführlich beantwortet.

Dank der Zusammenarbeit mit dem nebenan liegenden Deutschen Hörzentrum ist auch ausreichend Zeit gewesen, sich über die verschiedenen Implantat-Hersteller zu informieren, die Geräte anzuschauen und ‚anzuprobieren‘. Natürlich kann man vorher nicht ausprobieren, wie die verschiedenen Prozessoren klingen, aber die Passform, Haptik und das Bauchgefühl sind ebenfalls wichtige Entscheidungsfaktoren – ein gutes Sprachverständnis ist mit allen dort angebotenen Produkten möglich. Die Beratung im Hörzentrum war sehr umfangreich und ich wurde auch nicht zu einem bestimmten Produkt hin gedrängt oder überredet.

Ausschlaggebend für die Entscheidung war letztendlich die große Erfahrung, die das HNO-Team der MHH mit Implantationen hat. Da ich im Krankenhaus durch einen Kunstfehler schwerhörig geworden bin, hatte ich große Angst vor diesem Eingriff und mir war wichtig, dass die behandelnden Ärzte viel Erfahrung bei dieser Operation haben. Sicherlich gibt es viele weitere gute Kliniken in Deutschland und ich kenne viele Erfahrungsberichte von CI-Trägern, die auch anderswo sehr zufrieden gewesen sind. Ich kann nur das beurteilen, was ich selbst erlebt habe – und das war der beste Krankenhausaufenthalt meines Lebens.

Ich schlafe immer besser und bin heute spät aufgestanden, weil ich gestern Nacht lange Konzerte auf YouTube geschaut habe. Und habe mich dann ans Schlagzeug gesetzt. Ich habe seit zwei Jahren Schlagzeugunterricht, weil dies das einzige Instrument ist, das ich mit Hörgeräten noch gut hören kann – und weil ich es sowieso schon immer toll fand. Leider kann ich nur solo spielen und nicht mit Musik, weil Drumschläge für Hörgeräte und auch Soundprozessoren ein Worst Case sind. Normalerweise versuchen die Geräte ja laute Knallgeräusche zu unterdrücken und sind auf das Verstehen von Sprache optimiert. Das führt dazu, dass ich beim Drummen keine Umgebungsgeräusche mehr wahrnehme und auch Musik, die entweder direkt ins Hörgerät oder in eine sehr laute Aktivbox geleitet wird, nicht mehr sauber höre und deshalb dem Takt nicht folgen kann. Ich habe hier alles Mögliche versucht: Mit Vibrationsmetronomen, Musik-Visualisierungs-Apps, die den Takt als visuelles Muster wiedergeben, Schlagzeugdämpfern und verschiedenen Hörprogrammen – bisher ohne Erfolg.

Mit dem Cochlea-Implantat geht das deutlich besser. Ich kann das erste Mal zumindest ruhigen Songs problemlos im Takt folgen, auch wenn die Musik nicht mehr gut klingt, wenn das Schlagzeug dröhnt. Das ist ein Riesenerfolg – ich hatte erwartet, dass der Soundprozessor in so einer Extremsituation auch kapituliert. Leider kann ich die Umgebungsgeräusche nicht stumm stellen, wenn der Soundprozessor direkt ans Smartphone angeschlossen ist; das sollte man bei der Erstanpassung aber ändern können. Insgesamt bin ich optimistisch, dass ich mit einem entsprechenden Setup irgendwann Schlagzeug zu Musik spielen kann. Mit dem Audiologen habe ich bei der Frühanpassung bereits besprochen, dass ich eine Trommel mit zur Erstanpassung mitnehme.

Abends schaue ich mit der Familie „The Greatest Showman“ auf DVD – die Musik höre ich wirklich gut und es macht Spaß, aber es wird noch viel Arbeit brauchen, bis ich ohne Untertitel Filme schauen kann. Als großer Filmfan hoffe ich, dass ich irgendwann ins Kino gehen und das Gerede verstehen kann – das wäre fantastisch.

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