Tag 231/171 – The Green Book

Seit meinem ersten Kinobesuch mit Cochlea-Implantaten vor etwa drei Monaten war ich nicht mehr im Kino. Zum Einen liefen in der letzten Zeit kaum Filme, die mich wirklich interessierten. Zum Anderen habe ich mich einfach nicht getraut, wieder ins Kino zu gehen, weil ich Angst hatte, den großartigen Hörerfolg von damals nicht wiederholen zu können.

Vielleicht wird es in einem anderen Kino mit einer anderen Akustik nicht so gut funktionieren? Vielleicht verstehe ich andere Stimmen im Film nicht so gut? Obwohl mein Hörweg bislang enorm erfolgreich verläuft habe ich ein bißchen Angst vor Enttäuschungen. Und die wird es geben: Ich muss noch viel ausprobieren und es wird sicherlich noch einige Rückschläge geben. Das ist eigentlich auch kein Problem, aber ich gehe zu gerne ins Kino um hinterher enttäuscht wieder rauszukommen.

Die meisten Filme, die mich derzeit interessieren, laufen derzeit interessanter Weise als Originalversion mit Untertiteln. Früher hätte ich mich darüber gefreut, weil dies für mich die einzige Möglichkeit war, einen Kinofilm zu verstehen. Ich werde auch künftig in untertitelte Filme gehen, weil ich Programmkinos sehr gerne mag und auch gerne Filme im Originalton sehe. Allerdings verstehe ich noch nicht so gut Englisch, dass ich einem englischsprachigen Film folgen kann und auch die ErstBesteHälfte hätte daran weniger Spaß.

Auf Deutsch lasse ich es heute aber einfach drauf ankommen: Ich möchte mit der ErstBestenHälfte in „The Green Book“ – den Film, der den diesjährigen Oscar für den besten Film gewonnen hat. Er erzählt die Geschichte der Freundschaft zwischen dem afroamerikanischen Pianisten Don Shirley und seinem Italo-amerikanischen Chauffeur, Bodyguard und Freund Tony Lip. Der Film läuft über zwei Stunden und ist das, was meine Kinder einen „Laberfilm“ nennen würden: es wird viel geredet und die Handlung ist eigentlich nur über die Dialoge erfassbar.

Es ist schwierig, die eigenen Hörerwartungen an diesen Abend herunter zu schrauben. Meine Mindesterwartung ist, dem Film inhaltlich gut folgen zu können – mehr erwarte ich eigentlich nicht. Weniger aber auch nicht – über zwei Stunden einen Film anzuschauen, dem ich nicht folgen kann, wäre kein Vergnügen.

Schon bei den Werbespots am Anfang bemerke ich allerdings, dass ich gut verstehe. Das macht Hoffnung, auch wenn es wieder einmal frustrierend ist, sich anzuhören, wie einfallslos und flach die Dialoge in deutschen Werbespots sind.

Der Film selbst: Wunderschön. Absolut empfehlenswert. Ich verstehe fast jedes Wort – und das 131 volle Minuten lang. Natürlich muss ich mich voll konzentrieren, aber im Gegensatz zu früheren Kinobesuchen mit Hörgeräten lohnt sich die Anstrengung, weil ich nahezu alles verstehe – wirklich jedes Wort. Damit habe ich – wieder einmal – nicht gerechnet.

Der nächste Kinobesuch kann kommen. Ich werde dann mal die Akustik in meinem Lieblings-Programmkino in Hamburg ausprobieren und berichten.

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