Tag 98/35 – SpongeBob!

Heute vormittag steht wieder ein Hörtraining auf dem Programm. Nachdem wir eine Weile das Verstehen im Störgeräusch üben, soll ich mit dem neu implantierten linken Ohr telefonieren. Ich gehe also hinaus auf den Flur und führe ein kurzes, einohriges Gespräch mit meiner Audiologin – und verstehe sie einwandfrei. Damit hätte ich nicht gerechnet – auch wenn die Höreindrücke bislang wirklich gut waren, überrascht mich doch immer wieder, wie gut das Verstehen schon 4 Wochen nach der Operation ist.

Nach dem Hörtraining schaue ich noch bei der Hannoverschen Cochlea-Implant-Gesellschaft vorbei, die Mittwochs jeweils Informationsveranstaltungen im Deutschen Hörzentrum Hannover anbietet und sich für die Belange von Menschen mit Hörimplantaten einsetzt. Das ist immer eine schöne Gelegenheit, andere Menschen mit Hörimplantaten kennenzulernen und Erfahrungen auszutauschen. Heute treffe ich einen 84 Jahre alten frisch implantierten und sehr rüstigen älteren Herr, der seinen Soundprozessor erst seit wenigen Tagen trägt. Bei ihm ist der Erfolg nicht so groß wie bei mir, aber er hört schon ein wenig und ist insgesamt zufrieden.

Anschließend geht es zum Mittagessen und weil heute keine weiteren Termine anstehen fahre ich einen alten Schrauberfreund besuchen, den ich jahrelang nicht gesehen habe und der etwa anderthalb Autostunden von Hannover entfernt wohnt. Wir verleben einen sehr schönen Nachmittag und Abend miteinander, haben uns sehr viel zu erzählen und lachen sehr viel zusammen. Auch sein sechsjähriger Sohn ist sehr nett, und was besonders toll ist: Ich verstehe ihn ausgezeichnet.

Kinder zu verstehen ist für hörgeschädigte Menschen oft sehr schwierig, weil Kinder undeutlich und überbetont artikulieren und auch nicht unbedingt alles logisch ist, was aus ihrem Mund kommt. Das macht das Kombinieren sehr schwierig. Ich mag Kinder sehr gerne und fand es immer schade, dass ich mich schlecht mit ihnen unterhalten konnte. Die kleine Tochter einer guten Freundin, die sich im Kindergartenalter befindet, liess sich immer Zettel von ihrer Mutter schreiben, auf denen zum Beispiel „fang mich!“ stand, wenn sie zu Besuch war, weil ich sie einfach zu schlecht verstanden habe. Heute haben wir aber viel Spaß zu dritt und ich brauche keine Zettel mehr. Später spielen wir ein paar Runden SpongeBob-MauMau zusammen. Das funktioniert wie normales MauMau – allerdings gibt es die „SpongeBob-Karte: Wenn diese hingelegt wird, müssen alle Spieler „SpongeBob!“ rufen. Derjenige, der zuletzt ruft, muss eine Strafkarte ziehen. Auch das klappt gut und ich höre wirklich, wer als erster ruft. Früher hätte ich so etwas nicht spielen können, ohne jede Runde zu verlieren. Mit Hörimplantaten ist es kein Problem mehr.

Natürlich muss ich mich anschließend auch noch auf der Kinderspielkonsole von einem Grundschüler in die Schranken weisen lassen. Hören kann ich mittlerweile wirklich gut – Computerspielen werde ich vermutlich nie lernen. Es gibt Schlimmeres.

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