Tag 315/253 – Fachkonferenz

In Hamburg findet jedes Jahr die ‚Product Working‚ Konferenz statt – ein zweitägiges Event für Produktmanagement, die von eparo organisiert wird – der Firma eines Kollegen und Freundes, die auf die Gestaltung von digitalen Produkten spezialisiert ist. Ich habe Fachkonferenzen bislang weitgehend gemieden, weil die Kommunikation bei Vorträgen, Workshops und dem geselligen Beisammensein für mich einfach zu anstrengend war. Spätestens nach zwei bis drei Stunden war ich ausgepowert und nicht mehr aufnahmefähig. Aber mit meinen Hörimplantaten wage ich heute den Versuch, mich zwei Tage lang mit anderen Designern und Produktmanagern auszutauschen und ich freue mich sehr darauf.

Um möglichst viel mitzubekommen, nehme ich mein gesamtes Hörequipment mit: Meinen Roger Select – das Mikrofon, das ich für Vorträge nutze und das die Stimme des Sprechers direkt in meine Soundprozessoren überträgt. Und 5 Tischmikrofone, die Table Mics. Alle diese Mikrofone sind miteinander verbunden und übertragen das Gesprochene direkt in meine Soundprozessoren.

Der erste Tag beginnt mit einem Kaffeetrinken auf dem Hof des Veranstaltungsgeländes. Ich treffe einige bekannte Gesichter aus meiner Freelancer-Zeit wieder und spreche mich kurz mit den Tontechnikern in den Vortragsräumen ab, damit sie Bescheid wissen. Dann gibt es eine Begrüßungsrede von Rolf, dem Gründer und Leiter von eparo, und seiner Partnerin Beate, die mit Rolf zusammenarbeitet und ebenfalls als Moderatorin aktiv ist. Rolf bekommt mein Mikrofon umgehängt und ich verstehe jedes Wort; das ist ein super Start.

Anschließend gehen die Vorträge los – parallel in zwei Hallen. Teilweise wird in englischer Sprache vorgetragen. Ich verwende hier entweder den Roger Select oder ein Table Mic, das ich auf dem Vortragstisch platziere. Und verstehe selbst in der zweiten oder dritten Reihe nahezu jeden Vortrag. Selbst während der Diskussionen nach den Vorträgen, für die sogenannte ‚Speaker Corners‘ eingerichtet sind, in denen man die Referenten nach dem Vortrag ansprechen kann, verstehe ich super, nachdem ich mein Table Mic auf dem Stehtisch platziere, um den herum die Teilnehmer stehen und mit dem Sprecher oder der Sprecherin diskutieren.

Auch in den Pause habe ich viel Spaß – Small Talk kann wundervoll sein, wenn man hören kann. Ich treffe viele interessante Leute, führe Fach- und persönliche Gespräche und kommuniziere eigentlich durchgehend. Zwischendurch genehmige ich mir auch einmal eine Hörpause, aber insgesamt ist alles so aufregend und ergiebig, dass ich dazu kaum komme.

Am Nachmittag steht Gruppenarbeit auf dem Programm – bislang für mich eine reine Hörhölle. Erst werden Themen gesammelt und geclustert – etwa 50 Personen sitzen dabei in einem großen Halbkreis um ein Board, auf dem Themenvorschläge der Teilnehmer, die man mit Edding auf Haftzettel geschrieben hat, gesammelt werden. Jeder Vorschlag wird am Board vorgestellt und nachdem alle Vorschläge eingegangen sind, versuchen wir gemeinsam, daraus sinnvolle Themenblöcke zu erstellen. Um hier aktiv mitdiskutieren zu können, platziere ich 4 Phonak Table Mics vor den Stühlen im Halbkreis und markiere sie mit bunten Haftzetteln, damit niemand aus Versehen drauf tritt. Ein weiteres Mikrofon wird direkt unter dem Board platziert.

Das Resultat ist erstaunlich – ich kann dieser Diskussion tatsächlich ziemlich gut folgen. Sowohl die Diskussionsbeiträge aus der Runde als auch die Vorstellungen am Board kommen klar und deutlich bei mir an.

Anschließend werden Gruppen gebildet, die sich mit den ausgewählten Themen beschäftigen. Auch hier verwende ich zwei Mikrofone, die ich auf den Tisch platziere, um den die etwa 12 Teilnehmer meiner Gruppe sitzen und stehen. Und auch hier kann ich gut mithalten, werde aber am Ende doch etwas müde und schalte mich ein paarmal für wenige Minuten aus, um Hörkraft zu schöpfen.

Bei der Präsentation der Ergebnisse in der großen Runde bin ich dann k.o. Die Akkus meiner Mikrofone sind teilweise leer und ich verfolge das Geschehen eher am Rande. Dafür habe ich später beim gemeinsamen Grillen wieder viel Spaß an interessanten Fachgesprächen am Esstisch. Und dann geht es müde aber glücklich nach Hause.

Der zweite Tag startet wie der erste mit spannenden Vorträgen, bei denen ich alles gut verstehe. Am Nachmittag habe ich mich für einen Achtsamkeitsworkshop angemeldet, bei dem wir untere anderem einen sogenannten Bodyscan machen: Man liegt auf einer Yogamatte, hört die Anweisungen der Workshopleiterin und entspannt Körperteil für Körperteil. Auch das ist wieder eine tolle Erfahrung: Ich kann mich entspannen und dabei hören. Das wäre früher unmöglich gewesen, weil ich mich voll auf den Sprecher oder die Sprecherin hätte konzentrieren müssen und ohne unterstützendes Lippen-Ablesen kein Wort verstanden hätte. Auch hier setze ich in der Gruppendiskussion meine Table-Mics ein; die Workshopleiterin bekommt außerdem den Roger Select umgehängt. Die Table Mics und der Select arbeiten synchronisiert: Die Table Mic Mikrofone sind immer dann aktiv, wenn kein Input aus dem Roger Select kommt und andersherum stellt funkt der Roger Select ohne die Umgebungsmikrofone, wenn in ihn herein gesprochen wird.

Und anschließend geht es nach Hause. Zwei tolle Tage mit einer Hörerfahrung, die vor einem Jahr undenkbar gewesen wäre. Und ich freue mich auf die nächste Fachkonferenz im September!

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