Tag 118/56 – Overflow

Ich habe Meetings bislang nach Möglichkeit gemieden. Zwar gibt es Meetings, die enorm wichtig sind und an denen man auf jeden Fall teilnehmen muss. Aber das trifft eigentlich nur auf den kleinsten Teil der wöchentlichen Zusammenkünfte zu, die einen Tagesablauf empfindlich stören können. Bislang war das eigentlich ein Vorteil: Weil ich wegen meiner Hörbehinderung nicht an allen Meetings teilnahm, hatte ich deutlich mehr Zeit zum effizienten Arbeiten als meine Kollegen und musste die kreative Arbeit nicht nach jeweils einer Stunde unterbrechen. Ich war also schneller.

Heute hing ich fast den ganzen Tag am Telefon bzw. am Rechner, über den Telefonkonferenzen bei meinem Arbeitgeber laufen. Ein Meeting jagte das nächste – und alles auf Englisch. Anfangs kam ich noch halbwegs gut mit, aber spätestens am Nachmittag wurde es mir dann zu viel – Konzentration war nicht mehr möglich und ich verfolgte das Geschehen – wie früher – nur noch nebenbei. Zwischendurch riefen dann auch noch verschiedene Arbeitskollegen an. Diese Einzelgespräche konnte ich noch gut stemmen, aber die Meetings waren irgendwann einfach zu viel. Am Abend war ich dann wirklich fix und fertig.

Ich bin nach wie vor hörgeschädigt. Auch wenn man in normaler Face-to-Face-Kommunikation nicht mehr viel davon merkt, brauche ich immer noch mehr Konzentration beim Hören als eine gut hörende Person. Und wie bei jedem andere Mensch auch ist mein Konzentrationsvermögen limitiert. Diese Grenzen muss ich austesten und dann entsprechend reagieren: Ich habe den Kollegen am Abend gesagt, dass ich nach wie vor wichtige Entscheidungen per E-Mail brauche, weil ich nicht sicher sein kann, dass ich wirklich alles verstehe.

Obwohl ich nach Feierabend wirklich K.O. war, habe ich dann trotzdem noch zusammen mit ein paar hörgeschädigten Kollegen ein Konzert der SAP Bigband besucht, die hier in der Firmenzentrale aufgetreten sind. Und das war ein tolles Erlebnis! Ich habe als Schüler Posaune gespielt und war ein paar Jahre Teil der Schul-Bigband, mit der wir überwiegend Glenn Miller gespielt haben. Die damaligen Konzerte waren unvergessliche Erlebnisse, an die ich mich immer gerne erinnere. Auch dieses erste Live-Konzert mit Hörimplantaten wird mir sicherlich in Erinnerung bleiben. Der Sound war fantastisch, die Band hat eine tolle Performance hingelegt und ich konnte sogar die Ansagen des Bandleaders gut verstehen. Das war ein wirklich schöner Ausklang eines ansonsten sehr anstrengenden Tages und ich freue mich schon auf die nächsten Konzerte – vielleicht werde ich auch mal wieder ein klassisches Konzert besuchen.

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