Tag 200/138 – Nachjustierung

Heute vormittag geht es zur Anpassungssitzung meiner Soundprozessoren im Deutschen Hörzentrum Hannover. Dabei werden die Einstellungen meiner Soundprozessoren überprüft und optimiert, es findet eine ärztliche Untersuchung statt und auch ein Sprachtest steht auf dem Programm. Dieser Termin findet drei, sechs und zwölf Monate nach der Erstanpassungswoche statt; anschließend wird in einen jährlichen Turnus gewechselt. Bei Bedarf kann ich natürlich zusätzliche Termine vereinbaren.

Ich nehme diese Termine gerne wahr und freue mich darauf. Mein Hören wird mit jedem Termin besser und überhaupt ist alles, was ich in der MHH Hannover und im Deutschen Hörzentrum Hannover erlebt habe, für mich sehr positiv behaftet. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal gern in ein Krankenhaus oder zu Nachuntersuchungen gehe. Aber wenn man sein Gehör so schnell und so weitreichend wiedererlangt wie ich, dann sind mit diesem Ort nur positive Erinnerungen verbunden.

Es geht los mit der Anpassungssitzung bei meinem Audiologen. Ein paar Frequenzen werden nachjustiert, um eine gleichbleibende Lautstärke über das gesamte Frequenzband zu erzielen. Dabei bekomme ich jeweils vier Töne unterschiedlicher Tonhöhe vorgespielt und muss angeben, welche Töne lauter oder leiser sind als andere. Das ist insbesondere bei hohen Tönen gar nicht so einfacher, denn diese werden generell lauter empfunden als tiefere Töne. Nach dieser Feinjustierung bin ich aber noch nicht ganz zufrieden, weil die Zischlaute und Konsonanten etwas zu leise sind. Also werden die höchsten Frequenzen wieder etwas höher gestellt. Im Endeffekt ergibt sich damit ein tolles Klangbild und ich habe das Gefühl, noch besser verstehen zu können als vorher.

Ich lasse mir außerdem ein Programm für laute Musik programmieren, weil ich in Diskotheken und auf Konzerten, bei denen es über 100 dB geht, akustische Verzerrungen habe. Die Soundprozessoren sind für einen Lautstärkebereich von 20-80 Dezibel optimiert. Dies ist der Bereich, der für Sprachverständnis und Alltag am wichtigsten ist; dementsprechend wird dafür die meiste Rechenleistung der Computer auf meinen Ohren bereitgestellt. Lautstärken über 100 dB sind eher ein Ausnahmefall; die Soundprozessoren haben deshalb nicht die volle Rechenleistung für diesen Bereich. Auch die Leistungsfähigkeit der eingebauten Mikrofone ist begrenzt. Letztendlich kann ich zwar immer noch deutlich besser hören als mit Hörgeräten, aber dennoch klingt alles ein bißchen verzerrt – in etwa wie ein Verstärker, der voll im Anschlag ist. Ich bin gespannt, ob sich dieses neue Hörprogramm bei hohen Lautstärkepegeln besser schlägt.

Anschließend geht es direkt zum Sprachtest. Es werden beide Ohren – oder besser gesagt elektrische Ohren – getestet und das Ergebnis fällt hier insgesamt sehr zufriedenstellend aus. Zahlen testen wir übrigens gar nicht mehr, weil ich hier problemlos auf 100 % Sprachverständnis komme. Beim Noise-Test wird ein Störgeräusch eingespielt, das 10 Dezibel leiser ist als die Sprache selbst.

  • Freiburger Einsilber: links 55 %, rechts 85 %,zusammen 85 %
  • HSM Satztest in Ruhe: links 83,01 % (rechts und zusammen nicht getestet, da schon beim letzten mal knapp unter 100 % lag)
  • HSM Satztest in Noise: links 30,18 %, rechts 19,81 %, zusammen 55 %

Beim Noise-Test auf dem rechten Ohr habe ich komplett die Konzentration verloren; hier lag ich vor drei Monaten schon bei über 40 %. Das ist ärgerlich, aber kein Grund zur Sorge; solche Ausrutscher bedeuten nicht wirklich, dass das Hören schlechter geworden ist. Insgesamt ist mein linkes Ohr deutlich besser geworden und rückt immer näher an das zwei Monate früher implantierte heran. Mit beiden Ohren höre ich hervorragend und es gibt eigentlich nur noch bei der Störschall-Situation noch Verbesserungsbedarf.

Anschließend geht es zur ärztlichen Untersuchung. Wie nicht anders erwartet ist alles bestens und ich bin schon nach 10 Minuten wieder draußen.

Nach dem Mittagessen statte ich dem Med-El-Center im Deutschen Hörzentrum noch einen Besuch ab und lasse dort die Funkempfänger für meine Soundprozessoren lauter stellen, die ich für die Verwendung der Tischmikrofone benötige. Auch ein Kabeltausch steht auf dem Programm, weil mein linker Soundprozessor manchmal einen leichten Wackelkontakt hat. Dann bin ich fertig.

In der Innenstadt treffe ich am Nachmittag eine sehr nette Frau, die ich im CI-Forum auf Facebook kennengelernt habe und die in dieser Woche ebenfalls ein Cochlea-Implantat bekommt. Es ist immer toll, sich mit anderen und kommenden CI-Trägern auszutauschen und ich hoffe, dass ich Alessandra etwas von ihrer Nervosität nehmen kann. Ich selbst war vor beiden Operationen auch sehr aufgeregt und kann mich gut in ihre Situation hineinversetzen.

Etwas schwierig ist für mich immer, dass meine Hörgeschichte mit den Cochlea-Implantaten ungewöhnlich ist und vermutlich das Optimum darstellt, dass nach einer solchen Operation zu erwarten ist – sowohl im Hinblick auf den Hörerfolg als auch auf die Geschwindigkeit. Warum es bei mir so gut und schnell geklappt hat, weiß ich nicht – das kann niemand sagen. Die Erwartungen, die ich bei anderen CI-Patienten erwecke, sind natürlich sehr hoch und umso größer mag hinterher die Enttäuschung sein, wenn der Hörerfolg nicht so schnell und so groß ist und auch die Operation nicht so schnell und gut verkraftet wird wie bei mir.

Jeder Mensch ist unterschiedlich und auch jede Operation. Ich war nach der ersten Implantierung sehr schnell wieder fit; nach der zweiten dauerte es länger. Ich hatte weder Schwindel noch Geschmacksverlust noch Tinnitus oder starke Schmerzen – all das kann aber durchaus passieren. Und die wenigsten Patienten hören mit einem Cochlea-Implantat auf Anhieb gut. Manche brauchen Monate, um Sprache zu verstehen – oder sogar noch länger. Bei einigen wenigen klappt es nie.

Ich selbst hätte den Schritt zum Hörimplantat nicht gewagt, wenn ich nicht selber Erfolgsstorys gelesen hätte, die mir gezeigt haben, das möglich sein KANN. Dass es bei mir auch so gut läuft habe ich nicht erwartet. Und das sollte auch niemand, der ein Hörimplantat bekommt.

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