Tag 22 – Genörgel

Nach einem ausgiebigen Frühstück mit meinem ebenfalls schwerhörigen Arbeitskollegen, der gestern Abend mit seiner Familie zu Besuch gekommen ist, stehen heute diverse Besorgungen und Vorbereitungen für die morgige Geburtstags- und Implantatsparty an. Den größten Teil des Tages verbringe ich deshalb mit Aufräumarbeiten und Saubermachen; zwischendurch hole ich Rotwein im örtlichen Supermarkt und freue mich dort über eine tolle Beratung, bei der ich alles hervorragend verstehe. Der Wein erweist sich im Nachhinein als echter Volltreffer – ein 2017er Doppio Passo aus dem italienischen Salento. Herzlichen Dank auch an Edeka24.de, die es nicht geschafft haben, meine ursprüngliche Bestellung innerhalb einer Woche auszuliefern. Hier bestelle ich nie wieder.

Von Med-El, der Herstellerfirma meines Hörimplantates, wurde heute die Teleschlinge geliefert, die es mir ermöglicht, mein Smartphone oder meinen Computer ohne direkte Kabelverbindung zum Soundprozessor via Bluetooth zu verbinden. Diese Teleschlinge war übrigens ein Geschenk von Med-El zur Erstimplantation. Ich freue mich sehr darüber, weil das Kabel am Soundprozessor doch recht kurz ist und beim Musikhören stört, wenn das Smartphone in der Hosentasche steckt. Leider ist die Klangqualität über Bluetooth nicht annähernd so gut wie mit der direkten Übertragung per Kabel. Die kabellose Musik hört sich in etwa so an, wie ich es mir vor der Implantation vorgestellt habe: Ein sehr scheppernder Klang, keine tiefen Töne und es ist damit nicht wirklich möglich, Musik zu genießen. Ich hoffe, dass man dies im Rahmen der Feinanpassung in der kommenden Woche verbessern kann. Wenn nicht, muss ich eben Musik mit Kabel hören.

[Update, 29.08.2018] Ein paar Tage später habe ich herausgefunden, dass die Soundqualität der Teleschlinge nur dann schlecht ist, wenn die Lautstärke sehr hoch ist – sie übersteuert dann. Im normalen Lautstärkebereich hört sich alles prima an. 

Ich bin neulich gefragt worden, ob denn einfach ALLES gut sei und ob mich gar nichts nervt. Natürlich gibt es Dinge, die nicht so toll sind – aber im Endeffekt höre ich mit Hörimplantat so viel besser als vorher, dass mir diese Kleinigkeiten relativ egal sind. Da wir in Deutschland aber gerne meckern, hier trotzdem mal eine Liste der Dinge, die keine Begeisterungsstürme entfachen:

  • Der schlechte Schlaf in den ersten 14 Tagen nach der OP, weil ich nicht auf rechts schlafen konnte. Mittlerweile geht das besser.
  • Meine Narbe ist knapp über dem Ohr recht deutlich sichtbar. Sie wird vom Soundprozessor aber gut verdeckt. Hinter dem Ohr ist aber nur sehr wenig zu sehen. Ich werde in den nächsten Tagen mal eine Bilderstrecke der Narbenentwicklung posten.
  • Schwitzen hat in den ersten 18 Tagen zu Juckreiz um die Narbe herum geführt. Dies ist jetzt aber vorbei.
  • Klapper-, Klacker- und Zischgeräusche sind immer noch recht laut; Stimmen dafür manchmal zu leise. Insgesamt fahre ich den Soundprozessor fast ausschließlich auf der höchsten Lautstärkestufe.
  • Wenn ich Schlagzeug spiele, hören sich Stimmen danach für einen kurzen Zeitraum wieder an wie Micky-Maus. Nach 5-10 Minuten hört sich aber alles wieder wie gewohnt an.
  • Das Mikrofon des Soundprozessors hat einen kleineren Wahrnehmungsradius als mein Hörgerät. Ich höre von der Seite deutlich leiser als von vorne. Insgesamt aber immer noch besser als mit Hörgerät.
  • Die Soundqualität der Teleschlinge ist miserabel.
  • Die Batterien halten deutlich weniger lang als erwartet – die Herstellerangaben von 3 Tagen sind selbst mit hochwertigen Superpower-Batterien bei mir nicht möglich. Im Normalfall halten die Batterien ein- bis anderthalb Tage.
  • Ich warte immer noch auf die Akkus, die ich bestellt habe. Die Batterien waren recht schnell leer, ich musste hier meine Vorräte für die Hörgeräte verbrauchen und eine Packung nachkaufen. Med-El hat aber heute neue Batterien geliefert.
  • Ich hätte gern einen Programmschalter und eine Lautstärkeregelung am Soundprozessor. Dieser kann nur über die Fernbedienung bedient werden, die ich ab und zu zuhause vergesse.
  • Der Soundprozessor stellt sich nach dem Ausschalten nicht wieder auf die Standardeinstellung zurück. Das ist lästig – denn ich wechsele im Lauf des Tages oft in das lauteste Programm oder steigere die Lautstärke. Wenn ich den Soundprozessor dann am nächsten Morgen aufsetze und vergesse, ihn manuell auf die Standardeinstellung zu setzen, habe ich keine Reserven mehr für später.

Das war es auch schon. Und wie gesagt: Insgesamt ärgern mich all diese Kleinigkeiten nicht wirklich, weil das Hören mit Implantat so toll ist, dass gerade alles andere ziemlich unwichtig ist. Selbst wenn einige dieser Probleme bestehen bleiben, würde ich diesen Schritt immer wieder wagen.

Soundprozessor mit Spule und Aufsatz mit integriertem Audiokabel. Unten sieht man die Teleschlinge für den Bluetooth-Connect zum Smartphone oder Computer.

 

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