Tag 61 – I want more

Heute morgen geht es wieder in die Medizinische Hochschule Hannover: Auch mein linkes Ohr bekommt morgen ein Cochlea-Implantat. I want more! Seit ich vor knapp zwei Monaten das erste Mal den Soundprozessor auf der rechten Seite angepasst bekommen und die ersten Töne gehört habe, habe ich das Hörgerät links nur noch einmal für knapp 5 Minuten getragen. Das Hörempfinden war im Vergleich zum CI dermaßen schlecht, dass ich es seitdem nicht mehr in die Hand genommen habe. Das linke Ohr hört ohne Hörgerät natürlich gar nichts mehr; trotzdem verstehe ich mit nur einem implantierten Ohr viel besser als vorher mit zwei Hörgeräten.

Da die Wunde auch sehr gut verheilt ist und ich keinerlei Probleme habe, gibt es also keinen Grund für das linke Ohr, zu warten – im Gegenteil. Je länger mein Hören auf der linken Seite brach liegt, desto schwieriger wird es, den Hörnerv wieder wachzukitzeln. Ein paar Wochen und vielleicht auch Monate sind kein Problem, aber wenn ich links über einen längeren Zeitraum gar nichts mehr höre, wird die „Reanimation“ meines Ohrs schwieriger. Außerdem sind die Voruntersuchungen bei meinem ersten Krankenhausaufenthalt mit beiden Ohren gemacht worden und noch frisch – es sind also kein erneutes Röntgen, MRT oder sonstige Voruntersuchungen notwendig.

Der Start in den Tag ist nicht optimal – nach ca. 20 Kilometern Fahrt merke ich, dass ich meinen Ordner mit der Einweisung meines Hausarztes und den schon ausgefüllten Aufnahmebogen vergessen habe. Also drehe ich um und werde etwa 30 Minuten zu spät in der Klinik eintreffen. Nicht schön, aber kein Weltuntergang. Auf dem Plan stehen heute neben dem Check-In ein ärztliches Gespräch, zu dem nach ein paar Minuten der Oberarzt hinzukommt, der mich schon beim ersten Mal operiert hat. Er erinnert sich an mich und die Formalitäten sind schnell besprochen. Er ist sicher, dass ich auch auf dem linken Ohr einen guten Erfolg erzielen werde und ich stehe morgen früh als zweite OP auf dem Plan – werde also gegen 10, halb 11 operiert.

Anschließend folgt ein obligatorischer Hörtest im Deutschen Hörzentrum, bei dem festgestellt wird, dass ich auf dem rechten, bereits implantierten Ohr quasi gar kein Resthörvermögen mehr habe. Das ist eine unerfreuliche Überraschung. Direkt nach der OP habe ich auf diesem Ohr noch ein wenig gehört; heute musste der Kopfhörer so laut aufgedreht werden, dass ich nicht mehr sagen konnte, ob ich einen Ton höre oder fühle. Das kann mit der aktuellen Konstitution zusammenhängen – manchmal hört man einfach etwas mehr oder etwas weniger. Aber vermutlich ist mein Resthörvermögen nach der Implantation quasi nicht mehr vorhanden. Was eigentlich egal ist, da ich mit dem Implantat deutlich besser höre als vorher.

Nach dem Hörtest wird das Implantat für die linke Seite ausgewählt – natürlich wähle ich hier dasselbe Produkt wie im rechten Ohr: Das Sonnet von Med-El. Auch der linke Soundprozessor wird weiß sein. Damit ich ihn von der rechten Seite unterscheiden kann, auf der ich eine grüne Mikrofonabdeckung trage, wird diese Abdeckung links pazifikblau werden. Die Farben kann ich übrigens verändern – falls ich mal Lust auf Babyblau, Europäisch-Fleischfarben oder Knallorange habe. Ich werde beide Geräte mit einer Fernbedienung steuern können und auch bei der drahtlosen Übertragung wird der Ton via Teleschlinge in beide Geräte übertragen. Ich frage außerdem bei Med-El an, ob ich Akkus ausprobieren kann. Da diese aber nicht einmal einen ganzen Tag halten, werde ich wohl doch bei der Batterielösung bleiben – ich komme ich zwei Tage mit einem Batterieset pro Gerät aus und brauche damit ca. 12 Batterien pro Woche für beide Geräte.

Dann geht es zum Anästhesie-Vorgespräch, das ebenfalls schnell über die Bühne gebracht wird – ich kenne die Risiken und Formulare ja schon und unterschreibe quasi blind. Mittlerweile sind 6 Stunden vergangen – die Wartezeit ist heute enorm. Montag und Monatsanfang sind eine schlechte Kombination für ein Krankenhaus-Check-In. Ich habe dann aber alles hinter mir und freue mich darüber, dass ich dieses Mal ein 3-Bett-Zimmer habe, das kurz darauf zum 2-Bett-Zimmer wird. Mein Bettnachbar ist sehr nett und Fußballfan und -Jugendtrainer. Für anregende Unterhaltung in den nächsten Tagen ist also gesorgt.

Meine ErstBesteHälfte, die mich den ganzen Tag begleitet hat, fährt nach einem gemeinsamen Currywurstabendessen im Krankenhausimbiss nach Hause und ich schreibe, bis es dann ins Bett geht. Ich bin guten Mutes aber natürlich doch etwas nervös – und froh, wenn die OP überstanden ist.

 

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