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Tag 315/253 – Fachkonferenz

In Hamburg findet jedes Jahr die ‚Product Working‚ Konferenz statt – ein zweitägiges Event für Produktmanagement, die von eparo organisiert wird – der Firma eines Kollegen und Freundes, die auf die Gestaltung von digitalen Produkten spezialisiert ist. Ich habe Fachkonferenzen bislang weitgehend gemieden, weil die Kommunikation bei Vorträgen, Workshops und dem geselligen Beisammensein für mich einfach zu anstrengend war. Spätestens nach zwei bis drei Stunden war ich ausgepowert und nicht mehr aufnahmefähig. Aber mit meinen Hörimplantaten wage ich heute den Versuch, mich zwei Tage lang mit anderen Designern und Produktmanagern auszutauschen und ich freue mich sehr darauf.

Um möglichst viel mitzubekommen, nehme ich mein gesamtes Hörequipment mit: Meinen Roger Select – das Mikrofon, das ich für Vorträge nutze und das die Stimme des Sprechers direkt in meine Soundprozessoren überträgt. Und 5 Tischmikrofone, die Table Mics. Alle diese Mikrofone sind miteinander verbunden und übertragen das Gesprochene direkt in meine Soundprozessoren.

Der erste Tag beginnt mit einem Kaffeetrinken auf dem Hof des Veranstaltungsgeländes. Ich treffe einige bekannte Gesichter aus meiner Freelancer-Zeit wieder und spreche mich kurz mit den Tontechnikern in den Vortragsräumen ab, damit sie Bescheid wissen. Dann gibt es eine Begrüßungsrede von Rolf, dem Gründer und Leiter von eparo, und seiner Partnerin Beate, die mit Rolf zusammenarbeitet und ebenfalls als Moderatorin aktiv ist. Rolf bekommt mein Mikrofon umgehängt und ich verstehe jedes Wort; das ist ein super Start.

Anschließend gehen die Vorträge los – parallel in zwei Hallen. Teilweise wird in englischer Sprache vorgetragen. Ich verwende hier entweder den Roger Select oder ein Table Mic, das ich auf dem Vortragstisch platziere. Und verstehe selbst in der zweiten oder dritten Reihe nahezu jeden Vortrag. Selbst während der Diskussionen nach den Vorträgen, für die sogenannte ‚Speaker Corners‘ eingerichtet sind, in denen man die Referenten nach dem Vortrag ansprechen kann, verstehe ich super, nachdem ich mein Table Mic auf dem Stehtisch platziere, um den herum die Teilnehmer stehen und mit dem Sprecher oder der Sprecherin diskutieren.

Auch in den Pause habe ich viel Spaß – Small Talk kann wundervoll sein, wenn man hören kann. Ich treffe viele interessante Leute, führe Fach- und persönliche Gespräche und kommuniziere eigentlich durchgehend. Zwischendurch genehmige ich mir auch einmal eine Hörpause, aber insgesamt ist alles so aufregend und ergiebig, dass ich dazu kaum komme.

Am Nachmittag steht Gruppenarbeit auf dem Programm – bislang für mich eine reine Hörhölle. Erst werden Themen gesammelt und geclustert – etwa 50 Personen sitzen dabei in einem großen Halbkreis um ein Board, auf dem Themenvorschläge der Teilnehmer, die man mit Edding auf Haftzettel geschrieben hat, gesammelt werden. Jeder Vorschlag wird am Board vorgestellt und nachdem alle Vorschläge eingegangen sind, versuchen wir gemeinsam, daraus sinnvolle Themenblöcke zu erstellen. Um hier aktiv mitdiskutieren zu können, platziere ich 4 Phonak Table Mics vor den Stühlen im Halbkreis und markiere sie mit bunten Haftzetteln, damit niemand aus Versehen drauf tritt. Ein weiteres Mikrofon wird direkt unter dem Board platziert.

Das Resultat ist erstaunlich – ich kann dieser Diskussion tatsächlich ziemlich gut folgen. Sowohl die Diskussionsbeiträge aus der Runde als auch die Vorstellungen am Board kommen klar und deutlich bei mir an.

Anschließend werden Gruppen gebildet, die sich mit den ausgewählten Themen beschäftigen. Auch hier verwende ich zwei Mikrofone, die ich auf den Tisch platziere, um den die etwa 12 Teilnehmer meiner Gruppe sitzen und stehen. Und auch hier kann ich gut mithalten, werde aber am Ende doch etwas müde und schalte mich ein paarmal für wenige Minuten aus, um Hörkraft zu schöpfen.

Bei der Präsentation der Ergebnisse in der großen Runde bin ich dann k.o. Die Akkus meiner Mikrofone sind teilweise leer und ich verfolge das Geschehen eher am Rande. Dafür habe ich später beim gemeinsamen Grillen wieder viel Spaß an interessanten Fachgesprächen am Esstisch. Und dann geht es müde aber glücklich nach Hause.

Der zweite Tag startet wie der erste mit spannenden Vorträgen, bei denen ich alles gut verstehe. Am Nachmittag habe ich mich für einen Achtsamkeitsworkshop angemeldet, bei dem wir untere anderem einen sogenannten Bodyscan machen: Man liegt auf einer Yogamatte, hört die Anweisungen der Workshopleiterin und entspannt Körperteil für Körperteil. Auch das ist wieder eine tolle Erfahrung: Ich kann mich entspannen und dabei hören. Das wäre früher unmöglich gewesen, weil ich mich voll auf den Sprecher oder die Sprecherin hätte konzentrieren müssen und ohne unterstützendes Lippen-Ablesen kein Wort verstanden hätte. Auch hier setze ich in der Gruppendiskussion meine Table-Mics ein; die Workshopleiterin bekommt außerdem den Roger Select umgehängt. Die Table Mics und der Select arbeiten synchronisiert: Die Table Mic Mikrofone sind immer dann aktiv, wenn kein Input aus dem Roger Select kommt und andersherum stellt funkt der Roger Select ohne die Umgebungsmikrofone, wenn in ihn herein gesprochen wird.

Und anschließend geht es nach Hause. Zwei tolle Tage mit einer Hörerfahrung, die vor einem Jahr undenkbar gewesen wäre. Und ich freue mich auf die nächste Fachkonferenz im September!

Tag 305/243 – Feucht

Seit einiger Zeit habe ich enorme Probleme mit Feuchtigkeit in meinen Soundprozessoren, wenn ich schwitze. Die Spulen meiner Soundprozessoren liegt direkt auf der Haut, da ich eine Glatze trage und meinen Kopf regelmäßig rasiere. Leider wächst schon seit meiner späten Jugend nicht mehr genug auf meinem Kopf, um eine andere Frisur mit einem halbwegs vertretbaren Coolnessfaktor tragen zu können. Der Schweiß tropft also direkt auf Spule und gelegentlich auch auf den eigentlich spritzwassergeschützten Soundprozessor, anstatt in den Haaren hängen zu bleiben.

Dies hat zur Folge, dass die Soundprozessoren nach einiger Zeit – manchmal schon nach einer halben Stunde, manchmal etwas später – den Dienst versagen. Entweder übertragen sie gar nicht mehr – ich höre dann den Signalton, dass die Batterie sich leert, bevor sich das Gerät abschaltet (auch bei frischen Batterien), oder ich habe starke akustische Verzerrungen. Das ist unangenehm.

Zwar habe ich für jeden Soundprozessor eine elektrische Trockenbox bekommen, in die ich die Geräte fast jeden Abend hineinlege. Dieser Trockenprozess dauert aber mindestens zwei Stunden. Wenn ein Soundprozessor tagsüber ausfällt – beispielsweise beim Schlagzeug oder Tennis spielen, bin ich circa zwei Stunden gehörlos.

Beim Tennis habe ich versucht, Sport-Kopftücher zu tragen – aber die verstärken das Problem eher nur, weil die Spule darunter liegt und sich zusätzlich zur Feuchtigkeit auch noch Hitze staut, die zu einem noch schnelleren Aussetzer führen.

Es gibt für meine Soundprozessoren samt Spule zwar ein Water-Kit, das die Geräte zuverlässig vor Feuchtigkeit und Wasser schützen soll, aber dies ist recht aufwändig aufzubringen. Außerdem brauche ich dafür andere Batterien, die keine Luft benötigen und die eine deutlich kürzere Lebensdauer haben.

Ich bin derzeit etwas ratlos, wie ich das Problem in den Griff bekomme. Insbesondere an heißen Sommertagen, an denen ich sehr aktiv bin, stoßen die Geräte im Hinblick auf den Feuchtigkeitsschutz viel zu schnell an ihre Grenzen. Falls jemand Tipps oder Ideen hat, wie man das Problem lösen oder mindern kann, wäre ich für Kommentare unter diesem Beitrag sehr dankbar.

Tag 303/241 – Open Air

Alle zwei Jahre findet in Schneverdingen, einem Nachbarort, ein kleines Open-Air Musikfestival statt, bei dem etwa 3.000 Besucher einen Abend lang live-Musik genießen können. Natürlich treten hier keine hochkarätigen Superstars auf, sondern eher kleinere, regionale und unbekanntere Bands, die vielleicht einmal zu Superstars werden. Dieses Jahr steht unter dem Motto ‚Cover-Bands‘: Neben einer recht bekannten Udo Lindenberg Coverband treten auch Hellfire, eine der bekanntesten AC/DC-Coverbands auf – und außerdem John Diva & The Rockets of Love auf, die ich noch gar nicht kenne und die sich vor allem dem Hardrock der 80er und 90er Jahre verschrieben haben, und Die toten Ärzte – eine Band, die – wie der Name schon verrät – Songs der Ärzte und der Toten Hosen covert.

In diesem Jahr bin ich zusammen mit meiner ErstBestenHälfte und zwei befreundeten Ehepaaren zum ersten Mal dort. Ich weiß noch nicht, wie sich meine Cochlea-Implantate auf Live-Konzerten schlagen. Die Musik ist dort erfahrungsgemäß sehr laut und die Mikrofone meiner Soundprozessoren arbeiten nur bis zu einer Lautstärke von etwa 100 Dezibel optimal. Alles, was lauter ist, wird etwas verzerrt wiedergegeben und klingt nicht optimal. Ich hatte deshalb bei einem Diskothekenbesuch im Winter ein wenig Probleme und möchte dieses Open-Air vor allem als Testlauf für größere Konzerte nutzen.

Als wir das Festivalgelände erreichen – ein kleines Tal mit sanft aufstrebenden Grashängen, auf denen sich das Publikum verteilt hat, spielt bereits die erste Band. Ich finde Udo Lindenberg durchaus cool, aber höre nicht konzentriert zu, sondern sondiere das Gelände, treffe Freunde, trinke ein Bier und nehme dann rechtzeitig vor dem Spielbeginn von Hellfire einen Platz mit guter Sicht auf die Bühne am Grashang ein. Dann geht es los- Hellfire betritt die Bühne und AC/DC-Beats wummern aus den überdimensionalen Boxen.

Am Anfang sind meine Soundprozessoren etwas überfordert mit der doch recht hohen Lautstärke. Ich spiele auf meiner Fernbedienung mit den verschiedenen Hörprogrammen herum, reguliere die Lautstärke und die Mikrofonempfindlichkeit und nach wenigen Minuten habe ich eine Einstellung gefunden, die kaum noch Verzerrungen erzeugt und die Musik trotz der enormen Lautstärke gut klingen lässt. Dann nähere ich mich der Bühne. Ab einer bestimmten Entfernung ist die Klangqualität nicht mehr so überzeugend, also kehre ich zu meinem Platz am Hang zurück und genieße den hervorragenden Sound einer wirklich außerordentlich guten Coverband. Wenn man sie nicht sehen würde, könnte man wirklich denken, AC/DC spiele dort wirklich (ich habe sie vor 2 Jahren live im Berliner Olympiastadion gesehen – damals noch mit Hörgeräten und einem sehr eingeschränkten Hörgenuss, der dieses geniale Konzerterlebnis aber dennoch nicht schmälern konnte).

Es macht wirklich enormen Spaß. Die Musiker von Hellfire geben alles, das Publikum kocht und ich bin unsagbar dankbar darüber, dass mir ein solcher Musikgenuss auch auf einem Live-Festival wieder möglich ist.

Dann kommen John Diva & The Rockets of Love auf die Bühne. Ich kannte diese Band noch gar nicht, aber fast alle Songs, die sie im Repertoire haben, gehören zu den Favoriten meiner Jugendzeit. Guns&Roses, Whitesnake, Alice Cooper, Kiss, Journey, Mötley Crüe, The White Stripes, Def Leppard und viele mehr. Und die Jungs legen wirklich los wie Raketen – es ist ein unglaublicher Auftritt voller Energie, voller Perfektion – ich bin wirklich sprachlos. Jeder Song hört sich wirklich fast genauso an wie das Original und vor allem der Drummer liefert eine Performance ab, wie ich sie bislang selten live erlebt habe. Und alles klingt einfach nur hervorragend. Keine Verzerrungen, ich erkenne jeden Song sofort, kann einzelne Instrumente heraushören und kann mich überhaupt nicht daran erinnern, ein Live-Konzert jemals so genossen zu haben. Auch das Publikum tobt – am Anfang war die Fläche vor der Bühne recht leer, weil die Band recht unbekannt ist. Aber spätestens beim dritten Song strömt alles nach vorne, rockt mit und die Stimmung ist unglaublich gut. Ich könnte hier ewig sitzen bleiben und den Jungs zuhören und muss mich enorm beherrschen, nicht nach vorne zu drängen – lieber bleibe ich etwas im Hintergrund und genieße den Sound, die Musik, den Abend und meine elektrischen Ohren. Was für ein Auftritt…

Auch die anschließend spielenden Toten Ärzte liefern eine tolle Show ab und covern sowohl die Ärzte als auch die Toten Hosen wirklich hervorragend, aber den Auftritt von John Diva können sie – jedenfalls aus meiner Sicht – nicht toppen. Dennoch genieße ich auch dieses Konzert sehr – und dann, spät in der Nacht, ist die Show zu Ende und wir fahren wieder nach Hause.

Ich bin unendlich glücklich, dass das elektrische Hören auch hier so gut funktioniert hat. Jetzt können die nächsten Live-Konzerte kommen!


Tag 294/232 – Defekt

Heute bemerke ich, dass mein linker Soundprozessor defekt ist. Beim Wechsel der Mikrofonabdeckung, die alle drei Monate empfohlen wird, weil Staub und Schmutz dieser Abdeckung auf Dauer zusetzen, scheint ein kleiner Plastik-Nippel abgebrochen zu sein. Die Folge ist, dass die Abdeckung nicht mehr akkurat auf dem Soundprozessor sitzt und Feuchtigkeit und Schmutz in das Gerät eindringen können.

Also rufe ich bei der Med-El-Hotline an und schildere das Problem. Es wird versprochen, am nächsten Tag einen Kurier zu schicken, der ein Ersatzgerät vorbeibringt und das defekte Gerät dafür mitnimmt.

Genaus dies ist am folgenden Morgen auch der Fall. Ich bin allerdings etwas verwirrt, als am späten Vormittag ein Kurier erscheint, der zwar das defekte Gerät abholen will, aber keinen Ersatz dabei hat. Offenbar wurde ein weiterer Kurier beauftragt, das Ersatzgerät zu liefern.

Da ich nicht sicher bin, wann das Ersatzgerät eintrifft und auf mein zweites elektrisches Ohr nicht verzichten möchte, händige ich den defekten Soundprozessor nicht aus, sondern warte auf den zweiten Kurier, der dann tatsächlich am Nachmittag bei uns klingelt, ein neues Gerät mitbringt und das alte in Empfang nimmt.

Der Ersatzprozessor ist bereits auf mein Implantat im linken Ohr codiert und eingestellt; ich muss ihn lediglich die Fernbedienung koppeln und kann dann direkt loshören. Einfacher geht es wirklich nicht!

Tag 285/223 – Bass

Heute habe ich mir einen langgehegten Traum erfüllt und mir einen elektrischen Bass gekauft. Ich habe schon mehrfach versucht, Gitarre zu lernen – aber bislang waren meine mit Hörgeräten versorgten Ohren einfach zu schlecht, um die Töne zu erkennen und dieses Instrument spielen zu können. Und außerdem scheinen meine Finger ein wenig zu grobmotorisch für dieses Instrument zu sein. Bass ist da einfacher – er hat weniger Saiten, man spielt weniger Akkorde und muss die Finger weniger verrenken und ich mag dieses Instrument und seine tiefen Töne, die wummernde Beats erzeugen können, einfach sehr gerne.

Über eBay Kleinanzeigen habe ich heute ein passendes Instrument gefunden, das der Besitzer, der zufällig in der Nähe meines Heimatortes war, direkt vorbeigebracht hat. Wie so oft, wenn man gebrauchte Musikinstrumente kauft, lernt man nette Menschen kennen und auch dieser Kauf war eine durchweg erfreuliche Angelegenheit mit einem sehr netten, musikbegeisterten Verkäufer, bei dem ich viele wertvolle Tipps mit auf den Weg bekam.

Das Hören tiefer Töne ist mit Hörimplantaten eine recht schwierige Übung. Da ich vor allem im Hochtonbereich schwerhörig bin und auch Sprache in diesem Bereich liegt, sind die Soundprozessoren meiner Hörimplantate natürlich besonders auf diese Frequenzen fokussiert. Allerdings höre ich tiefe Töne deutlich besser, als ich vorher gedacht habe. Ich kann sogar hören, wenn die Saiten meines Basses verstimmt sind. Schwieriger ist es, wenn ich Musik höre und dazu spiele – ich nehme zwar wahr, wenn ich komplett falsch liege, aber wenn der Ton zum jeweiligen Akkord passt weiß ich nicht immer genau, in welcher Höhe ich ihn spielen muss.

Ein großer Vorteil ist, dass der Bass nicht so laut ist wie ein Schlagzeug und ich deshalb einfacher Musik begleiten kann. Das Schlagzeug nimmt nach wie vor die meisten Ressourcen meines Soundprozessors in Beschlag und ich brauche hier Kopfhörer und einen Kopfhörerverstärker, wodurch die Musik laut genug in meine elektrischen Ohren gespeist wird. Das klappt dann aber hervorragend.

Ich bin sehr gespannt und freue mich riesig auf diese neue Herausforderung. Junior I kam, wie so oft, auf Anhieb mit diesem neuen Instrument klar und konnte schon nach wenigen Minuten erste Songs mitspielen. Er spielt bereits elektrische Gitarre und kennt sich deshalb gut mit den Grundprinzipien dieses Instrumentes aus.

Hoffentlich bleibt mir genug Zeit, Bass zu lernen und dennoch das Schlagzeugspielen nicht zu vernachlässigen. Unterricht werde ich vorerst nicht nehmen, sondern versuchen, die Grundlagen mit Hilfe von YouTube-Tutorials und der tatkräftigen Unterstützung von Junior I zu lernen. Mit Junior II am Schlagzeug haben wir dann schon eine richtige Band und ich freue mich sehr darauf, mit den beiden Jungs Musik zu machen.

Tag 282/220 – Hochzeit

An diesem Wochenende heiratet meine Nichte im brandenburgischen Jessen. Wir freuen uns sehr auf ein Wochenende im Kreis meiner Familie. Einige Familienangehörige habe ich seit meiner ersten Implantation noch gar nicht wieder getroffen und die meisten nach meiner zweiten Operation auch nicht. Das wird ein wundervolles Wiedersehen.

Wir treffen schon am späten Freitagabend in Jessen ein. Die Hochzeit findet in einer Hochzeitsscheune statt – einem wunderschönen und speziell für Hochzeitsfeiern umgebauten Hof. Dort gibt es einen großen Festsaal, einen Tanzraum, Gästezimmer, eine Küche und einen sehr schönen Innenhof mit Grillplätzen. Alles ist wirklich wunderschön eingerichtet und geschmückt und die Freude ist groß, als meine Verwandten nach und nach eintreffen.

Natürlich habe ich sehr viel zu erzählen – die letzten Monate waren wohl die ereignisreichsten in meinem ganzen Leben. Alle freuen sich riesig über meinen Hörerfolg und ich werde nicht müde, immer wieder zu erzählen, wie das Implantat funktioniert, wie ich höre und welche Hörerlebnisse mich am nachhaltigsten beeindruckt haben. Viel beeindruckender als meine Erzählungen selbst ist aber die Leichtigkeit, mit der ich mich unterhalten kann, die Rückfragen und Wiederholungen weitgehend überflüssig macht, die nicht mehr meine volle Konzentration erfordert und die jedes Gespräch zu einem angenehmen, entspannten und wundervollen Erlebnis macht. Es wird ein langer und unvergesslicher Abend.

Die Hochzeit selber findet am Samstagmittag im Wald nahe der Hochzeitsscheune statt. Wir sind rechtzeitig vor Ort, trinken Kaffee, warten auf das Brautpaar und dann geht es zusammen zu Fuß in den Wald, wo auf einer Lichtung die Waldtrauung stattfindet.

Es ist meine erste Hochzeitsteilnahme mit Hörimplantaten. Bei meiner eigenen Hochzeit vor ziemlich genau 17 Jahren habe ich leider sehr wenig von der wunderschönen Rede verstanden, die der Standesbeamte gehalten hat. Zwar saß ich zusammen mit der Braut direkt vor ihm, aber die Aufregung war zu groß und ich war nicht in der Lage, mich voll und ganz auf das Gesagte zu konzentrieren. Es war dennoch eine wunderschöne Trauung und ich werde diesen Tag und Moment nicht vergessen. Gottseidank verstand ich, wann ich ‚ja, ich will‘ sagen musste. Ein ‚wie bitte?‘ oder ‚was?‘ hätte diesen magischen Moment wohl ruiniert…

Mit einer Hörschädigung, die so stark ist, dass das Sprachverständnis stark leidet, gewöhnt man sich daran, Momente auch dann zu genießen, wenn man nichts versteht – auch dann, wenn das Gesagte wichtig für den Moment ist. Im Kino, im Theater, bei Reden aller Art – man freut sich, dabei zu sein, man genießt die Reaktionen der Anwesenden, man stimmt in Gelächter ein, wenn ein Witz zum Besten gegeben wird, den man nicht versteht, man spielt sozusagen mit und kann es trotzdem genießen, weil man sich auf den Moment und auf die Umgebung konzentriert; auf die Reaktionen der Zuhörenden und die Atmosphäre des Moments.

Dieses Mal erlebe ich, wie viel schöner so ein Moment sein kann, wenn man versteht, was gesagt wird. Ich sitze relativ weit vorne und verstehe zwar nicht alles, aber dennoch den größten Teil der Hochzeitsrede. Und ich verstehe auch fast alles, was die Braut anschließend dem Bräutigam vorliest. Andersherum funktioniert es nicht so gut: Der Bräutigam steht mit dem Rücken zu mir und spricht sehr leise, so dass ich hier nicht mehr folgen kann. Wie ich später erfahre, haben aber auch viele der normalhörenden Anwesenden große Probleme, ihn zu verstehen.

Anschließend geht es zusammen zurück zur Hochzeitsscheune, wo das Hochzeitsessen stattfindet. Auch hier führe ich viele Gespräche. Dann wird, wie wohl bei den meisten Hochzeitsfeiern, gespielt. Ich platziere dafür mein Table-Mic nahe des Spieleleiters und kann so dem größten Teil der Spielanweisungen folgen. Das macht viel Spaß, auch wenn ich nicht alles mitbekomme, weil teilweise Rückmeldungen aus dem ‚Publikum‘ kommen, die ich aufgrund der großen Entfernung nicht gut verstehen kann. Dieses Problem haben aber auch andere Anwesende. Egal – es macht großen Spaß, sich hier beteiligen zu können. Für mich ein völlig neues Erlebnis.

Später am Abend wird dann das Tanzbein geschwungen. Auch das macht großen Spaß, denn ich kann die Musik gut hören, die Songs erkennen und beim Tanzen alles um mich herum vergessen.

Bis zum frühen Morgen bin ich auf den Beinen. Wir sitzen am Lagerfeuer und ich führe auch hier viele nette Unterhaltungen, bis wir dann zurück zum Hotel fahren und erschöpft aber glücklich ins Bett fallen.

Am nächsten Morgen steht ein gemeinsames Frühstück auf dem Plan – auch hier wird wieder viel erzählt und zugehört und gegen Mittag geht es dann wieder Richtung Heimat.

Ein wunderschönes Wochenende mit wunderbaren elektrischen Ohren.

Tag 268/206 – Tennis

Seit meiner Kindheit spiele ich enorm gerne Tennis. In den 80er Jahren war dies noch eine Exklusivsportart; die Mitgliedschaft in einem Verein war ebenso wie das Equipment sehr teuer. Meine Eltern waren Mitglieder im örtlichen Tennisverein meines Heimatdorfes; also bekamen auch wir Kinder Trainerstunden. Ich verbrachte viele Nachmittage an der Ballwand und versuchte meinen großen Vorbildern Jimmy Connors und John McEnroe nachzueifern und ihre Schlagtechnik zu kopieren. Auch den kometenhaften Aufstieg von Boris Becker, der 1985 im Alter von 17 Jahren das traditionsreiche Tennisturnier in Wimbledon gewann, verfolgte ich gebannt am Fernseher.

Mit dem Wegzug aus dem Münsterland gab ich diesen Sport auf. Während meiner Studienzeit spielte ich noch ein paar Mal mit Studienfreunden, aber ich trainierte nicht mehr wirklich und verfolgte höchstens noch manchmal Grand-Slam-Endspiele vor dem Fernseher.

Als meine Kinder vor ein paar Jahren in den hiesigen Tennisverein eintraten und mit dem Training begannen, war das Fieber wieder da. Ich meldete mich ebenfalls im Verein an, hatte knapp ein Jahr Einzelunterricht und musste vieles neu lernen; denn die Schlagtechnik hatte sich in den vergangenen 30 Jahren stark verändert.

Seitdem spiele ich regelmäßig und im Sommer so oft wie es geht mit einem festen Trainingspartner; ab der nächsten Saison bestreite ich vielleicht auch ein paar Punktspiele mit der hiesigen Tennismannschaft, die recht erfolgreich unterwegs ist.

Alle zwei Wochen treffen sich die Tennis-Herren zum ‚Herrenabend‘ – es wird gemeinsam trainiert, ein paar Doppel-Spiele werden absolviert und danach wird gemütlich Bier getrunken und gegrillt. Diese Abende sind immer sehr nett – bislang konnte ich mich an den Gesprächen aber nur sehr schlecht beteiligen. Auch wenn meine Vereinskameraden immer sehr bemüht waren, mich einzubinden und ich dort alles andere als isoliert bin, steht man doch etwas außen vor, wenn man den Gesprächen in einer geselligen Runde nicht folgen kann. Man ist zwar dabei, aber nicht mittendrin. Man versteht die Witze nicht, lacht aber dennoch mit. Man kann Einzelgespräche führen, aber sobald die Kommunikation quer über den Tisch läuft, ist man raus.

Auch während der Spiele ist nicht-Hören-können problematisch. Ich habe zum Beispiel nie gehört, wenn ein Ball die Netzkante noch so gerade berührt hat. Ob jemand ‚Aus‘ ruft. Oder ‚Warte‘. Auch wenn Tennis überwiegend ein Einzelsport ist, ist Kommunikation doch nicht unwichtig und es kam häufiger vor, dass mein Doppelpartner zu mir nach vorne kommen musste, weil ich nicht mitbekam, dass er mir von hinten etwas zurief.

Meine Hörimplantate haben auch hier meine Lebensqualität deutlich verbessert. Ich werde nie vergessen, wie ich zum ersten mal hörte, dass das Schlagen des Balles mit dem Schläger ein ganz anderes Geräusch macht, als das Aufschlagen auf dem Boden. Ich kann den Anweisungen meiner Spielpartner folgen und verstehe größtenteils auch die Ansagen der Spielstände. Und nicht zuletzt kann ich jetzt auch endlich in der Runde mitreden – wie heute beim alljährlichen Sommer-Eröffungsturnier.

Wir haben viel Spaß bei unseren Mixed-Doppels (jeweils ein Mann und eine Frau pro Seite) und auch danach bei vielen interessanten Unterhaltungen beim Grillen. Ich kann endlich mitlachen – und weiß warum, Fragen beantworten, mich in Gespräche einschalten – und das Zusammensein genießen. Zwar verstehe ich nach wie vor nicht alles; manches muss wiederholt werden. Aber im Vergleich zum Eröffnungsturnier vom letzten Jahr, bin ich ganz anders dabei. Und das ist gut so.

Tag 252/190 – Nachtexpress

Heute habe ich wieder eine lange Fahrt vor mir: Vom SAP Hauptquartier in Walldorf geht es zurück nach Hause. Auf dem Weg dahin statte ich meiner jüngeren Schwester Liane einen Besuch ab. Wie auch ich selbst, ist meine Schwester sehr musikalisch und hat eigentlich immer schon Musik gemacht. Seit einigen Jahren ist sie mit ihrem Saxophon Mitglied einer Band namens Nachtexpress, die im bergischen Land bei regionalen Veranstaltungen mit Evergreens für gute Stimmung sorgt.

Wie schon an anderer Stelle in diesem Blog beschrieben, habe ich als Kind und Jugendlicher selber in einer Schulband gespielt – ebenso in einem Schulorchester, in einer Schul-Big-Band und im Posaunenchor unserer evangelischen Gemeinde. Das Musizieren mit anderen hat mir immer sehr viel Spaß gemacht und ich habe dies in all den Jahren, in denen mein Gehör zu schlecht war, um dies fortzuführen, sehr vermisst.

Kurz vor Weihnachten hatte ich meine Schwester darum gebeten, mir einen Traum zu verwirklichen: Ich möchte gern wieder einmal mit einer Band spielen und ausprobieren, ob dies mit meinen Cochlea-Implantaten funktioniert. Dieser Traum soll heute wahr werden: Die Bandmitglieder des Nachtexpresses erklärten sich sofort bereit, dies zu unterstützen. Also bin ich auf dem Weg ins Bergische Land, um dort im Proberaum ’99 Luftballons‘ am Schlagzeug mit dem Nachtexpress zu spielen. Und meine Schwester wird dazu singen.

Ich habe für dieses Arrangement lange geübt. ’99 Luftballons‘ ist am Schlagzeug recht schwierig zu spielen, weil der Refrain sehr schnell gespielt wird und das Schlagzeug dazu 16tel-Noten spielt. Dazu kommt, dass das Schlagzeug erst nach der ersten Strophe einsetzt und nicht, wie bei den meisten Songs, den Takt vorgibt. Ich werde dieses Stück sicher nicht perfekt herunterspielen können, aber es geht mir vielmehr darum auszuprobieren, ob ich mit meinem elektrischen Ohr überhaupt in der Lage bin, zusammen mit anderen Musikern in einer Band zu spielen.

Schon auf der Fahrt nach Wiehl bin ich wirklich aufgeregt. Die Wiedersehensfreude, als ich dort ankomme, ist wie immer sehr groß und ich werde herzlich von den Bandmitgliedern des Nachtexpress begrüßt. Einige kenne ich schon von früheren Geburtstagsfeiern meiner Schwester. Die Probe ist in vollem Gange; heute stellt sich eine neue Sängerin vor. Ich setze mich in eine Ecke und schaue der Truppe zu. Alle haben sehr viel Spaß an der Musik – das spürt man mit jedem Takt. Natürlich beobachte ich den Schlagzeuger besonders. Er spielt hervorragend – je länger ich ihm zuschaue, desto kleiner und schüchterner werde ich auf meinem Stuhl. Ich spiele selbst ja erst seit 3 Jahren, und auch wenn ich durchaus talentiert bin und recht schnell lerne, bin ich noch meilenweit von solch einer semi-professionellen Spielweise entfernt.

Dann folgt eine kurze Spielpause. Wir trinken zusammen ein Bier und die Stimmung ist super entspannt. Dann ist es soweit. Ich stelle mich kurz vor, erkläre, was es mit meinen Ohren auf sich hat, bedanke mich im Voraus dafür, dass die Band diese Aktion unterstützt und setze mich ans Schlagzeug, das ein wenig anders aufgebaut ist, als mein Drum-Set zu hause. Ich bin wirklich enorm nervös und mein Pulsschlag rennt schneller als der Beat bei 99 Luftballons. Aber egal – es gibt jetzt kein Zurück.

Die Musik setzt ein, Liane beginnt zu singen, ich warte meinen Einsatz ab und dann geht es los. Und: Es funktioniert. Vor Aufregung verliere ich direkt einen meiner Sticks. Aber ich kann den Takt halbwegs halten. Ab und zu brauche ich ein paar visuelle Hinweise, weil das Schlagzeug doch recht laut ist und die anderen Instrumente übertönt. Ich spiele ohne zusätzliches Equipment und ohne Kopfhörer; das ist nicht einfach, aber es geht. Ich merke schnell, dass es ist deutlich schwieriger ist, mit Menschen zusammenzuspielen, als mit einem Lautsprecher, aus dem der Originalsong tönt. Denn jede Band spielt ein Stück etwas anders und ich habe hier nicht das Original-Schlagzeug mit im Ohr, das mir zuhause hilft, den Beat sauber zu spielen. Alles ist halt etwas holprig, aber:

Es funktioniert! Auch wenn meine Performance insgesamt ziemlich unterirdisch und alles andere als auftrittsreif ist: Wegen der Aufregung, dem ungewohnten Schlagzeug-Setup, weil ich noch nie mit diesen Menschen zusammen Musik gemacht habe und nicht aufeinander eingespielt sind. Und auch weil auch meine Schwester so aufgeregt ist, dass sich ein paar Fehler in ihren Gesang einschleichen – was ich selber allerdings gar nicht bemerke.

Dann ist das Stück vorbei. Der Nachtexpress applaudiert und meine Schwester und ich fallen uns überglücklich in die Arme und können uns ein paar Tränen nicht verkneifen. Wer hätte gedacht, dass so etwas jemals wieder möglich sein wird. Mit entsprechendem Equipment und einem aufeinander eingespielten Team – und vor allem mit einem einfacher zu spielenden Song – kann ich wieder Musik mit anderen machen. Alle Bandmitglieder freuen sich enorm mit mir und ich werde herzlich eingeladen, jederzeit wieder vorbeizukommen. Was für ein tolles Erlebnis!

Dann fahre ich glücklich zurück nach Hause. Dass ich in all der Aufregung meine Tasche mit dem Hörequipment im Proberaum vergesse, ist etwas ärgerlich, aber die bekomme ein paar Tage per Post hinterhergeschickt.

Meinen herzlichen Dank nochmal an die tolle Truppe vom Nachtexpress für dieses einmalige Geschenk – ihr seid super!

Tag 251/189 – Gruppenarbeit

Heute findet der zweite Tag unseres Teamtreffens statt. Es wird vor allem in kleinen Gruppen an verschiedenen Unterthemen gearbeitet, die für unsere Arbeit relevant sind. Die Gruppen bestehen meistens aus 4-6 Personen und verteilen sich in einem großen Meetingraum.

Diese Konstellation ist für hörgeschädigte Menschen ein echtes Worst-Case-Szenario, denn die Geräuschkulisse im Gruppenarbeitsraum ist enorm hoch und es wird innerhalb der Gruppen viel diskutiert. Zwar habe ich auch vor meiner Implantation an solchen Veranstaltungen teilgenommen, konnte allerdings nur sehr eingeschränkt mitarbeiten und war nach kurzer Zeit völlig k.o.. Das ist jetzt anders.

Damit ich gut verstehe, schalte ich alle Tischmikrofone im Raum stumm und lege ein eingeschaltetes Table-Mic in die Mitte der Gruppenrunde. Und das klappt ausgezeichnet. Ich bin das erste Mal überhaupt wirklich drin im Geschehen, kann meine Ideen einbringen und mit meinen Gruppenteilnehmern diskutieren.

Natürlich ist es nach wie vor anstrengend und ohne volle Konzentration geht es nicht. Allerdings zahlt sich dieser Einsatz jetzt auch aus und die Motivation, sich anzustrengen, ist weitaus höher.

Am Ende dieses 2-tägigen Workshops bin ich trotzdem ausgepowert, aber glücklich. Was früher eine unangenehme Situation war, ist jetzt ein spannendes Erlebnis. Dass dies einmal wieder so möglich sein wird , habe ich vor einem halben Jahr nicht im Traum gedacht.

Tag 250/188 – Meditation

Heute findet das zweitägige Team-Offsite des Designteams bei SAP statt, dem ich angehöre. Wir machen so etwas einmal im Jahr und besprechen dort zwei Tage lang außerhalb unseres Büros Designthemen, tauschen uns über Erfolge, Herausforderungen und Schwierigkeiten aus und verbringen meist auch einen Abend zusammen. Neben rein fachlichen Themen geht es auch oftmals um Soft-Skills – also soziale Fähigkeiten, Teambuilding und Konfliktlösung.

Das Offsite beginnt am Dienstagvormittag mit einem Achtsamkeits-Seminar. Achtsamkeit ist ein Begriff, dem aktuell immer mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird. Und das ist eigentlich auch schon das Thema, um das es geht: Sich selbst, seine Tasks und auch seine Gegenüber aufmerksam zu behandeln, sich nicht ablenken zu lassen und 100% bei dem zu sein, was man gerade tut oder mit wem man es gerade tut.

Um optimal verstehen zu können, hänge ich dem Seminarleiter mein Phonak Select Mikrofon um und verteile zusätzlich ein paar von meinen Phonak Table Mics im Raum, damit ich auch die Redebeiträge meiner Arbeitskollegen gut verstehen kann. Und das funktioniert hervorragend. Ich verstehe jedes Wort und kann dem Geschehen nahezu ohne Einschränkungen folgen.

Damit wir uns alle gut entspannen, wird nach der Einführung ein Bodyscan gemacht. Das ist eine Form der Meditation, bei der man auf einer Yogamatte liegt, die Anweisungen des Mediators befolgt und seinen Körper peu a peu entspannt.

Mit Hörgeräten konnte ich eine solche Art der Meditation oder Körperentspannung nicht mitmachen. Ich brauchte das Mundbild des Sprechers oder der Sprecherin, um das Gesagte zu verstehen und musste mich stark darauf konzentrieren, alles mitzubekommen. Ich konnte mich also weder hinlegen noch die Augen schließen. Dabei kann man sich nicht wirklich entspannen, denn sämtliche Konzentration wird für das Hören und Verstehen benötigt.

Die Cochlea-Implantate eröffnen mir auch hier eine neue Welt: Zum ersten Mal in meinem Leben kann ich liegen, die Augen schließen und verstehen, ohne dass ich mich konzentrieren muss. Das ist eine wundervolle Erfahrung, die mich sehr beeindruckt – und entspannt.

Auch der weitere Verlauf des Offsites macht sehr viel Spaß. Meine Tischmikrofone und der Roger Select sind im Dauereinsatz, da wir insgesamt ca. 20 Personen sind und in einem sehr großen Raum mit U-förmiger Tischanordnung sitzen. Die Mikrofone funktionieren derart, dass alle Mikrofone miteinander gekoppelt sind. Die Tischmikrofone schalten sich automatisch stumm, sobald das Sprechermikrofon – der Roger Select – aktiv wird. Und schalten sich wieder ein, wenn die sprechende Person verstummt und die Zuhörer beginnen zu sprechen. Darüber hinaus kann ich die Mikrofonanlage auch mit einer Fernbedienung steuern: Lautstärke und Empfangsradius können je nach Bedarf geändert werden.

Beachten muss man, dass der oder die vortragende Person nach einem Vortrag das Mikrofon ausstellt und mir zurückgibt – und nicht etwa damit in die Kaffeeecke verschwindet, wo sie über die langweiligen Kursteilnehmer lästert, oder auf die Toilette. Denn die Reichweite der Mikrofone, die direkt in meine Soundprozessoren funken, beträgt ca. 15 Meter. Ich bekomme als auch dann vieles noch mit, wenn das Mikrofon samt Sprecher/In im Nebenraum oder im stillen Örtchen verschwindet. Was durchaus unangenehm sein kann – für beide Seiten…

Am Abend schauen wir dann noch gemeinsam einen sehr interessanten Dokumentarfilm über Mitarbeiterführung und ich verstehe auch hier recht gut, obwohl die Akustik über den Beamer im Präsentationsraum nicht so toll ist. Auch die anschließende Diskussion über den Film ist sehr spannend und macht viel Spaß.

Abends bin ich natürlich groggy, aber glücklich. Eine so aktive Teilnahme an einer so langen Veranstaltung wäre für mich früher undenkbar gewesen. Und jetzt macht es richtig Spaß.